Landeshauptstadt: „Giftblätter“ im Anflug
Etwa 14 000 Schüler in Potsdam bekommen Zeugnisse – Zensuren gibt es seit 500 Jahren
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Alle halbe Jahre flattern Schulzeugnisse ins Haus, seit mehr als 500 Jahren. In Mitteleuropa gibt es seit Anfang des 16. Jahrhunderts Schulzeugnisse, in denen die Leistung eines Schülers nach Ziffern bewertet wird. Etwas mehr als 14 000 Schüler von der ersten bis zur 13. Klasse bekommen heute in der Landeshauptstadt Potsdam ihre Zeugnisse überreicht und starten anschließend in die Sommerferien – insgesamt erhalten im Land Brandenburg 327 000 Schüler an 1011 Schulen die so genannten Giftblätter.
Die Zeugnisse unterliegen einem ständigen Wandel der Zeit. Und dem politischen Willen. Kopfnoten ja oder nein, formulierte Beurteilungen oder Zensuren – im Mittelalter handelten die Väter mit dem Schulmeister aus, was das Kind lernen sollte, und überprüfte später, ob das Kind über die gewünschten Fertigkeiten verfügte. Danach folgte die Zäsur und die Leistungen wurden erstmals in Zensuren, vom latainischen „censere“, was „den Wert schätzen“ bedeutet, ausgedrückt. Noten von 1 bis 6 sah die Studienordnung der der Jesuitenschulen vor, in der Bundesrepublik gilt dieser Maßstab bis heute. Sehr gute Schüler bekamen die Bewertung „optimus“, gute „bonus“, mittelmäßige „mediocris“, zweifelhafte „dubius“, ungenügende „retinendus“ und von der Schule zu weisende „reiciendus“.
Wenn heute auf dem Zeugnis des Kindes oder Jugendlichen letztere Benotungen überwiegen, bittet Brandenburgs Bildungsminister Holger Rupprecht (SPD) zuletzt auch dabei um Verständnis. „Lassen Sie die Kinder mit ihren Sorgen nicht im Stich“, sagte der frühere Potsdamer Schulleiter und appellierte an alle Eltern, ihren Kindern das Gefühl zu vermitteln, dass ohne Angst nach Hause kommen können. Zumal eine aktuelle bundesdeutsche Studie der Universität Siegen belegt, dass Noten oft „subjektiv“ und „ungerecht“ sind. Man habe herausgefunden, dass gleiche Zensuren oft für unterschiedliche Leistungen verteilt werden.
Bei Sorgen wegen schlechter Zeugnisse könne man sich an das Kinder- und Jugendtelefon wenden. Dieses ist montags bis freitags von 15 bis 19 Uhr geschaltet und kostenfrei unter Tel.: (0800) 111 03 33 zu erreichen. Nummern von Schulpsychologen sind nach Angaben des Bildungsministeriums auch über die jeweiligen Schulämter zu bekommen. Der erste Tag des neuen Schuljahres wird der 21. August sein. Dann werden in Brandenburg 47 Schulen nicht mehr öffnen. Noch nicht betroffen ist davon die Landeshauptstadt – im Gegenteil: Hier werden zwei neue Grundschulen eröffnet. jab
Landesjugendamt online
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