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Weltberühmt. Das Matterhorn mit seinem charakteristischen Gipfel.

© ddp

Von Peer Straube: Gipfelsturm auf den „Toblerone-Berg“

Jochen Löser aus Eiche will seinen 65. Geburtstag auf dem Matterhorn feiern

Von Peer Straube

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Eiche - Es ist eine Sinfonie aus Fels, Schnee und Eis. Ein Berg wie gemalt, majestätisch, gewaltig, ehrfurchtgebietend. 4478 Meter hohe Erhabenheit – und zweifellos einer der bekanntesten Gipfel der Erde: das Matterhorn in den Walliser Alpen, Wahrzeichen der Schweiz.

Seit er den Berg zum ersten Mal sah, träumt Jochen Löser davon, ganz oben zu stehen. „Das ist der schönste Berg der Welt“, sagt er schwärmerisch. Unzählige Alpinisten haben seit der Erstbesteigung durch den Engländer Edward Whymper vor fast auf den Tag genau 145 Jahren das Gipfelgefühl genossen. Löser will es ihnen gleichtun. Am 1. August, so ist sein Plan, will er am höchsten Punkt des „Toblerone“-Bergs stehen. An diesem Tag wird Jochen Löser aus Eiche 65 Jahre alt.

Er wäre nicht der erste Senior, der das Matterhorn bezwingt – der Bergführer Ulrich Inderbinen war stolze 89 bei der letzten seiner 371 Besteigungen. Doch er wäre womöglich der erste, der keine Erfahrung im Höhenbergsteigen hat. Die Fitness dürfte dabei nicht das Problem sein. Seit Monaten trainiert der drahtige Löser – Laufen, Radfahren, im Winter Skilanglauf an den Düsteren Teichen. Zwischendurch übt er am Kletterfelsen in der Waldstadt. Am 20. Juli will er nach Zermatt fahren, den Ort am Fuße des Bergs. Dann beginnt das Höhentraining.

Die Sehnsucht nach schneebedeckten Gipfeln wurde Jochen Löser nicht gerade in die Wiege gelegt. Geboren und aufgewachsen im Osterzgebirge, prägten ihn eher die bewaldeten Mittelgebirgshügel. 1975 kam er nach Potsdam, arbeitete erst beim Zoll, später als Sportlehrer bei der DDR-Gesellschaft für Sport und Technik (GST). Die Wende kam und er wechselte abermals die Branche und arbeitete für ein Verlagshaus. Das Fernweh nach den Bergen begleitete ihn über Jahre, ohne übermächtig zu werden. Bis letztes Jahr.

Löser machte Urlaub in Zermatt – und war überwältigt von der Schönheit des Matterhorns. Mit einem Bergführer bestieg er einen leichten 4000er, das Breithorn. „Danach“, sagt er lächelnd, „hatte ich richtig Blut geleckt.“ Ein billiger Sport ist Bergsteigen nicht. Um 4500 Euro, schätzt Löser, wird ihn das Matterhorn alles in allem erleichtern. Seit Monaten verhandelt er mit den verschiedensten potenziellen Sponsoren, Ausrüstern wie „Globetrotter“ etwa. Anfangs seien alle Feuer und Flamme gewesen, sagt Löser. Doch habe sich das Interesse meist rasch wieder abgekühlt. Ein wenig Verbitterung schwingt mit. Trotzdem hat er die Hoffnung noch nicht aufgegeben.

Überhaupt soll das Matterhorn nur der Auftakt sein für den zweiten Frühling des Rentners. Den Großglockner will er noch besteigen, den Großvenediger, den Ortler – und den König der Alpen, den Mont Blanc. Angst hat er nicht. „Natürlich ist das gefährlich“, gibt er zu. Allein am Matterhorn haben mehr als 500 Alpinisten ihr Abenteuer mit dem Leben bezahlt.

Bei der Potsdamer Sektion des Deutschen Alpenvereins (DAV) ist man zurückhaltend gegenüber Lösers Gipfelsturm. „Bei uns gibt es keine älteren Bergsteiger, die noch solche extremen Sachen machen“, sagt Vereinsvize Marianne Texter. Dass überhaupt jemand aus dem Potsdamer DAV schon auf dem Matterhorn war, glaubt sie nicht. Die Mitglieder bevorzugen entlegenere Gebiete wie den Pamir oder den Altai. Löser dürfte mit der Besteigung daher für Potsdam ein gewisses Alleinstellungsmerkmal haben. Es gibt noch einen Berg, der ihn reizt. Er steht in Afrika. Der Kilimandscharo.

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