Landeshauptstadt: Gleishuscher in die Schranken verwiesen
Problemfall Bahnhof Medienstadt: Bis zu zwanzig unerlaubte Überschreitungen in der Stunde – mit fatalen Folgen
Stand:
Problemfall Bahnhof Medienstadt: Bis zu zwanzig unerlaubte Überschreitungen in der Stunde – mit fatalen Folgen Von Nicola Klusemann Babelsberg. Der Bahnübergang am Bahnhof Medienstadt Babelsberg (ehemals Drewitz) ist für die Deutsche Bahn AG zum Problemfall geworden. Statt an der sich schließenden oder geschlossenen Schranke über die Großbeerenstraße zu warten, huschen die Ungeduldigen schnell über den Bahnkörper. In einer Stunde geschehe dies bis zu zwanzig Mal, erklärte gestern Jürgen Liepe, Polizeihauptmeister beim Bundesgrenzschutz (BGS). Glücklicherweise sei an dieser Stelle aber noch nichts passiert. Aufgefallen sind die Schienenhuscher dem ausgeklügelten Sicherheitssystem, mit dem die Schrankenanlage am Bahnhof ausgestattet ist. Ein Sensor registriere das unerlaubte Betreten der Gleise bei geschlossener Schranke und schalte dann automatisch die Signale auf Rot, um den Zug an der Weiterfahrt zu hindern, erläuterte Christian Rinck vom Streckenmanagement der Deutschen Bahn AG Niederlassung Ost. Der Fahrdienstleiter in Wannsee habe anschließend erhebliche Probleme, das Signal manuell wieder auf Grün zu stellen. „Es kommt zu Verspätungen“, beschrieb Rinck die Problem-Kette, die durch unerlaubtes Überschreiten des Bahnübergangs ausgelöst werde. Um diesen Verstoß gegen die Eisenbahn- und Betriebsordnung einzudämmen, wurde der Bundesgrenzschutz – seit Anfang der 90er Jahre für die Sicherung der Bahnanlagen zuständig – eingeschaltet. „Bei unseren Streifendiensten am Bahnhof Medienstadt haben wird besonders in der Stoßzeit zwischen 16 und 18 Uhr stündlich bis zu zwanzig Versuche vereiteln können“, so Polizeihauptmeister Liepe. Fußgänger, die beim tatsächlichen Überschreiten erwischt werden, müssen 25 Euro Verwarnungsgeld zahlen. So lange jedoch die Uniformierten Präsenz zeigten, bliebe es beim Versuch. Durch die Koppelung der Lichtsignalanlage mit der Schranke könnten längere Wartezeiten entstehen, räumt Rinck ein. Das sei aber keine Schikane, sondern gewährleiste die Sicherheit. Die Gefahr an Bahnübergängen werde oft unterschätzt, sagte der Bahn-Mitarbeiter. „Die Leute sehen, der Zug hält im Bahnhof an und aus der Gegenrichtung kommt ja nichts. Also kann ich gehen. Eine trügerische Sicherheit“, erklärte er. Denn auf der zweigleisigen Regionalbahnstrecke zwischen Berlin und Jüterbog beziehungsweise Belzig beispielsweise könnten Züge überholen, also zwei Bahnen aus einer Richtung kommen. Die Verantwortlichen warnten deshalb noch einmal eindringlich vor dem verbotenen Überschreiten der Gleiskörper. Vielfach seien es Erwachsene, die sich vor lauter Ungeduld an den geschlossenen Schranken vorbeizwängten, hat der Bundesgrenzschutz bei seinen Einsätzen beobachtet. „Und die sollten gerade den Kindern ein Vorbild sein“, meint Liepe. Mit einem viertelstündigen Lehrfilm „Risiko oder Leichtsinn“ besucht der BGS regelmäßig Schulen im Land Brandenburg, um die Kinder und Jugendlichen für die Lebensgefahren zu sensibilisieren. Auch die Deutsche Bahn hat einen jugend-gerechten Film zusammenstellen lassen, der auch Straftaten rund ums Zugfahren thematisiert, zum Beispiel Vandalismus und S-Bahn-Surfen. Zur Sicherung ihrer insgesamt 24000 Bahnübergänge wende die Deutsche Bahn jährlich rund 170 Millionen Euro auf, sagte der Unternehmenssprecher Burkhard Ahlert. Zudem verringere die Bahn die Zahl der Übergänge und damit die Gefahrenquellen stetig. Das Ergebnis dieser Anstrengungen lohne sich: Seit Jahren seien die Unfallzahlen auf „höhengleichen Kreuzungen der Verkehrssysteme Straße und Schiene“ deutlich rückläufig: Kam es 1994 noch zu 628 Unfällen, verzeichnete die Statistik 2002 an Bahnübergängen insgesamt 294 Verkehrsunfälle.
Nicola Klusemann
- showPaywall:
- false
- isSubscriber:
- false
- isPaid: