zum Hauptinhalt

HEYES Woche: Glückliches Potsdam

Uwe-Karsten Heye fordert moderne Schulen

Stand:

Potsdam kann sich glücklich schätzen. Während die gut ausgebildeten und ganz offenbar flexibleren jungen Frauen die ländlichen Räume Brandenburgs verlassen, junge Familien ebenfalls, ficht das die Hauptstadt nicht an. Nicht nur das Etikett „kinderfreundlichste Stadt Deutschlands“ klebt an der stolzen Potsdamer Brust. Nein, jetzt weist die Bevölkerungsstatistik auch noch aus, dass der Frauenanteil den der männlichen Stadtbewohner übersteigt. Frauenpower tut gut. Der Kinderreichtum in der Stadt lebt sich in Spielplätzen und Kindertagesstätten aus. Neben den staatlichen Schulen entstehen wohl auch deshalb so viele reformorientierte Schulen in privater Trägerschaft, weil die Stadt sonst nicht nachkäme. Die Konkurrenz belebt das Angebot: Alle Schulen müssen sich durch moderne pädagogische Konzepte ausweisen, um zu bestehen, was den Eltern nur recht sein kann. Der Schulminister zeigt sich ebenfalls beweglich; er will nun den Anteil der Noten des Eignungstestes für den Übergang in den Gymnasialbereich auf ein erträgliches Maß herabstufen. Mit anderen Worten, das vorangegangene Schulzeugnis hat wieder Bedeutung. Das öffnet den Zugang zum Gymnasium wieder ein bisschen. Manchmal sind selbst Schulbürokratien einsichtig.

All das, was den Charme und das Klima der Hauptstadt Brandenburgs mitbestimmt, gilt für große Teile des Landes überhaupt nicht. Ganze Dörfer veröden, junge Frauen gehen zuerst. Städte, in denen ganze Straßenzüge vernagelt sind und der Wind durch geborstene Fenster pfeift, das alles gehört dazu, wenn über Chancen und Probleme der neuen Länder gesprochen wird. Die Abrissbirne besorgt, was beschönigend „Rückbau“ genannt wird. Plattenbauten werden abgeräumt, und die Zuversicht über eine gedeihliche Zukunft geht mancherorts verloren. Jüngst war in dieser Zeitung zu lesen, dass es Schüler in einer ländlichen Region gibt, die täglich bis zu vier Stunden zwischen Schule und Elternhaus unterwegs sind, weil die Schülerzahlen sinken und Schulen geschlossen werden. Da setzt dann eine Entwicklung ein, die auch Rechtsextremismus entstehen lässt. Der politische Schaden ist evident. Der wird durch keinen Gewinn für die Staatskasse ausgeglichen.

Uwe-Karsten Heye schreibt an dieser Stelle regelmäßig für die PNN. Unser Autor war Redenschreiber bei Willy Brandt und Regierungssprecher von Bundeskanzler a.D. Gerhard Schröder. Heute lebt Heye mit seiner Familie in Babelsberg und arbeitet dort als Autor und Publizist.

Uwe-Karsten Heye

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
console.debug({ userId: "", verifiedBot: "false", botCategory: "" })