Landeshauptstadt: Gold in den Händen
Andreas Giehle hat keine Angst vor Veränderungen, eher vor dem Stillstand
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Andreas Giehle hat keine Angst vor Veränderungen, eher vor dem Stillstand Von Hella Dittfeld Wer nach dem Umbau ins Geschäft der Giehles in der Friedrich-Ebert-Straße 24 schaut, der hat den Blick jetzt frei in die „Goldschmiede“, in der natürlich auch andere Materialien vom Silber bis zum Edelstein verarbeitet werden. Vier Arbeitsplätze gruppieren sich um den Arbeitstisch, der bestückt ist mit zahllosen Sticheln, Zangen und Treibwerkzeugen, aber auch mit so modernen Hilfsmitteln wie Mikrobrenner, Punktschweißgerät oder einer selbstentwickelten Trauringschleuder. Denn Goldschmiedemeister Giehle ist inzwischen im zweiten Beruf Erfinder und Besitzer von 23 Patenten. Doch darauf kommen wir später zurück. Erst einmal geht es um das Gold beziehungsweise andere edle Materialien in seinen Händen oder in denen seiner Mitstreiterinnen. Der Goldschmiede-Chef ist von einem Damenflor umgeben, angefangen von Ehefrau Simone, in deren Händen Dekoration, Buchhaltung und Schmuckgestaltung liegen. Hinzu kommen Goldschmiedemeisterin Ulrike Lienig, Gesellin Juliana Golling und der Lehrling Carolin Giehle. Die Tradition aus Großvater Walter Giehles Zeiten, auch er Goldschmiedemeister, wird also fortgesetzt. In der Giehleschen Goldschmiede kann übrigens jede Arbeit ausgeführt werden vom Einschmelzen der Edelmetalle über das Auswalzen von Blechen bis zur Filigranen Gestaltung eines Colliers. Vor dem Umbau sei schon mal gefragt worden, meint Andreas Giehle, ob auch Schmuck nach persönlichen Vorstellungen gearbeitet werde und ob Reparaturen übernommen würden. „Das erübrigt sich jetzt. Der Kunde kann uns bei der Arbeit zusehen.“ Und wonach steht dessen Sinn? Das sei ganz unterschiedlich, sagt Meister Giehle. Da soll alter Familienschmuck wieder aufgearbeitet und dabei auch verändert werden. Ein klotziger Brillantring gefiel nicht mehr und mutierte zu einer hübschen Kette. Manch einer möchte sich auch ein ganz individuelles Schmuckstück angefertigen lassen. Und einmal habe er sogar einen Bambi repariert. Das teuerste Stück, das er je in den Händen hielt, gesteht Giehle, sei ein Collier im Wert von 25 000 Euro gewesen. An den aufwändigen Stücken wird mehrere Tage gearbeitet, andere Kundenwünsche, zum Beispiel einen Talisman an einer Kette anzubringen, kann die Werkstatt dagegen schnell erfüllen. Die Kundschaft mit den Sonderwünschen sei ebenso vielfältig wie die Anfertigungen selbst, da käme der Adel ebenso vorbei wie die High Society, Künstler oder Sportler seien darunter und der unverhoffte Erbe. Simone Giehle hat sich dagegen mit ihren Schmuckentwürfen auf das etwas schmalere Portmonee spezialisiert und dabei erstaunliche Möglichkeiten entdeckt. So die Verarbeitung von Korallenwurzeln, die eigentlich blass und nichts sagend aussehen, aber in Farbe gekocht wunderbar bizarre und große Anhänger oder Kettenglieder abgeben. „Ich nehme die Vorlagen für meinen Schmuck gern aus der Natur“, meint Simone Giehle, so formt ein Ohrring zum Beispiel leicht eine Welle nach. Bei der Schmuckauswahl sei man heute mutiger und greife zu größeren, durchaus auch auffälligen Stücken. Sie dürften allerdings nicht zu teuer sein. Sicher auch um ein zweites finanziell abgesichertes Standbein zu haben, hat sich Andreas Giehle unter die Erfinder gemischt, doch der eigentliche Grund ist eher eine gewisse innere Unruhe. Giehle hält es mit Lao Tse. Dessen Wort „Fürchte dich nicht vor der Veränderung, eher vor dem Stillstand“ hat er zu seinem Motto gemacht. Im Goldschmiedehandwerk könne ihm so leicht keiner mehr etwas vormachen, aber zu erfinden gäbe es noch jede Menge, meint Giehle und so konstruierte er unter anderem eine Brille mit Faceklick, die über die Zunge gesteuert werden kann, wenn man beide Hände zum Arbeiten braucht. Eine von ihm erfundene Lupenbrille wird wahrscheinlich demnächst in die Produktion gehen. Bei seiner Zusammenarbeit mit der Polizei und anderen Sicherheitsorganen geht es unter anderem um Funkschaltungen. Alles andere ist streng geheim. Wegen der Sicherheit.
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