Von Henner Mallwitz: Gold zum Abschied
Ruderin Karin Diener will nicht mehr bei Wettkämpfen antreten – trainiert wird dennoch weiter
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Irgendwann, so sagt Karin Diener, müsse ja mal Schluss sein. Nicht, dass der Körper schlapp mache. Darüber kann die 71-Jährige bei weitem nicht klagen. Ihr Alter steht eigentlich auch nur auf dem Papier – wenn es um Fitness, Ausdauer und Kraft geht, macht die begeisterte Hobby-Ruderin trotz zweier künstlicher Hüftgelenke so mancher Jüngeren noch etwas vor. Wie letztlich bei den FISA- Masters in Wien. Mehr als 3000 Teilnehmer aus 41 Nationen waren in der österreichischen Hauptstadt am Start, und inmitten dieser starken Konkurrenz sorgte Karin Diener gleich dreimal für ein Achtungszeichen. Im Achter kam sie in der Altersklasse G ebenso zu Goldehren wie im Doppelvierer der Altersklasse H. Und schließlich erkämpfte sich die Potsdamerin noch Silber im Doppelzweier.
Die Medaillen in Österreich werden allerdings die letzten gewesen sein, die Karin Diener ihrer umfangreichen Sammlung hinzufügen kann. „Zumindest mit den Wettkämpfen ist jetzt Schluss“, versichert sie. „Ich wollte schon mit 70 nicht mehr um Medaillen kämpfen, bin aber überredet worden. Das hat man jetzt auch wieder versucht, doch den Stress tue ich mir nun wirklich nicht mehr an.“
Am Training ändert sich dadurch jedoch nichts. Dreimal pro Woche trainiert sie bei der Potsdamer Rudergesellschaft am Seekrug, zieht im Sommer auf der Havel die Sculls durchs Wasser und hält sich im Winter auf dem Ergometer oder beim Krafttraining fit. „Daran halte ich fest, denn ohne Sport würde mir viel fehlen“, sagt die Ruderin, die seit 1996 aktiv das Wettkampfgeschehen der Masters mitbestimmte.
Zum Rudersport kam die gebürtige Potsdamerin natürlich schon viel früher. In die Wiege wurde ihr dieser Sport sozusagen gelegt, und noch immer blättert Karin Diener gern in dem vergilbten Fotoalbum mit den Bildern ihres Großvaters Adolf Lehmann. Ein begeisterter Ruderer mit Kaiser-Wilhelm-Bart, der vor dem Krieg im Vorstand des Potsdamer Ruderclubs saß und auch bei seiner Enkelin die Liebe für den Rudersport weckte.
Die saß dann Anfang der 50er Jahre auch selbst im Boot, wurde DDR-Jugendmeisterin und DDR-Meisterin im Junioren-Einer. 1960 war dann Schluss. Die Söhne Uwe und Tilo kamen zur Welt – da blieb für den Sport nur noch wenig Zeit und Möglichkeit. „Ich hätte gern noch weitergemacht“, erzählt Karin Diener. „Aber bei Dynamo Potsdam wurde damals nur der Leistungssport gefördert, und der war mir nicht mehr möglich.“ Also gründete sie mit anderen Frauen die Wohnsportgemeinschaft Potsdam West und nahm statt der Sculls fortan den Volley in die Hand.
Nach der Wende war es schließlich ihr Ehemann Heinz – zu DDR-Zeiten selbst ein erfolgreicher Trainer, der mehrere Weltmeister hervorbrachte –, der Kontakt zum Potsdamer Ruderclub in Wannsee aufnahm. Der Rudersport kehrte nun auch für Karin Diener zurück. „Das verlernt man nicht“, sagt sie und blickt auf ihre zahlreichen Medaillen. Und womöglich schwingt ein kleines bisschen Wehmut mit.
Henner Mallwitz
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