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Landeshauptstadt: Goldener Barbar an Dorgerloh

Mit dem „Anti-Preis“ für Schlösserchef soll Zuschüttung des Modellforts Sanssouci „gewürdigt“ werden

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Innenstadt - Erstmals vergeben wurde am Samstag der vom Verein „300 Jahre Preußen“ ausgelobte Preis „Der Goldenen Barbar“. Auf dem Sommerfest des Vereins gab dessen Vorsitzender, Markus Wilhelmy, die Entscheidung bekannt: Die Jury sei von der Zuschüttung und Überpflanzung des kaiserlichen Modellforts im Park Sanssouci, die gegen Denkmalrecht verstoße und den Mehrheitswillen der Bürger missachte, besonders beeindruckt gewesen. Die Stiftung Preußische Schlösser und Gärten habe die Öffentlichkeit über ihre wahre Absicht getäuscht, das bedeutende militärhistorische Denkmal zu vernichten. Stiftungs-Generaldirektor Hartmut Dorgerloh war am Samstag nicht zur Preisverleihung erschienen. Sein Büro ließ mitteilen, er sei aus persönlichen Gründen verhindert.

Man werde jedoch dafür Sorge tragen, dass er den „Barbaren“ erhält, erklärte Wilhelmy. Zugleich wies er auf das Verdienst Dorgerlohs hin, das Potsdamer „Unwort des Jahres“ geprägt zu haben: „Fahr-rad-schie-be-strek-ke“ skandierten die Ballgäste mit.

Knapp geschlagen wurde in dem Wettbewerb Finanzminister Rainer Speer (SPD). Er war mit dem Abbruch der Stadtschlossfundamente auf die Kandidatenliste gekommen. Zunächst zum wichtigen Bodendenkmal erklärt, mit einem Aufwand von fünf Millionen Euro Steuerngeldern freigelegt, untersucht und gesichert, waren die Fundamente dann in einer Nacht- und Nebelaktion entfernt worden. Um die Öffentlichkeit zu beschwichtigen, seien sie nachträglich zu Bodendenkmalen minderen Wertes erklärt worden. Gegen diese beiden herausragenden Beispiele angeblicher „Kulturgutvernichtung“ hatte Oberbürgermeister Jann Jakobs (SPD) als dritter Kandidat von vornherein kaum Chancen auf den Anti-Preis. Er war wegen denkmalpflegerischer Fehlentscheidungen der Stadtverwaltung in die engere Wahl genommen worden.

Der „Goldene Barbar“ besteht aus der vergoldeten Skulptur eines Steinzeitmenschen, der auf einem Originalziegel des Stadtschlosses steht. Der Preis geht an „herausragende Kulturgutvernichter“, insbesondere wenn sie ihre „verwerflichen Taten mit öffentlichen Geldern finanzieren und so den Eindruck erwecken, sie handelten im Auftrag der Bevölkerung“. Er ist nicht mit einem Preisgeld verbunden, sondern mit der Verpflichtung, „öffentlich Buße zu tun“. Juristisch könne ein Verein nicht gegen die in manchen Fällen strafrechtlich relevante Vernichtung von Kulturgut vorgehen, erklärt Wilhelmy zum Sinn der Negativauszeichnung. Deshalb wolle er mit dem Preis in „satirisch-barbarischer Form“ auf die Verstöße hinweisen und sie stärker ins Bewusstsein der Öffentlichkeit rücken. E. Hoh

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