Landeshauptstadt: Golfen wie im Schrebergarten
Das öffentliche Interesse am Golfsport steigt
Stand:
Kornelia Bär-Christ legt den Golfschläger über ihre rechte Schulter, schaut kurz auf den vor ihr liegenden Ball. Der Schläger saust nach unten und mit einem leisen „klick“ verschwindet der Golfball im Himmel über dem Bornstedter Feld. „Ich habe jahrelang gegen das Golfen rebelliert“, sagt die Potsdamerin. Für sie sei das immer ein „elitärer Opa- Sport“ gewesen. Bis zu dem Tag, als sie das öffentliche Golfen für sich entdeckt habe.
Mittlerweile trainiert Bär-Christ seit mehr als einem Jahr einmal pro Woche auf der einzigen ausschließlich öffentlichen Anlage Brandenburgs – dem Golfzentrum Potsdam. Seit 2002 betreibt das Ehepaar Külzer den öffentlichen Platz. „Wir haben uns vorgenommen, den Sport seinen Vorurteilen zu entreißen“, sagt Andreas Külzer. Der 47-jährige ist seit 1972 dem Sport verfallen. Fünf Jahre spielte er als Profi und trägt offiziell den Titel Diplom-Golflehrer. Man müsse weder Rentner noch Multimillionär sein, um sich für den Sport zu begeistern. Für einen Euro pro Stunde gibt Külzer Golfunterricht. Wer kein eigenes Equipment hat, kann sich für einen weiteren Euro Schläger leihen. Rund die Hälfte der Spieler, die in Potsdam auf den Platz gehen, sind nach Angaben Külzers jünger als 18 Jahre.
Guido Helmke, Mitgliedervertreter der „Vereinigung clubfreier Golfer“ (VcG) in Berlin und Brandenburg spricht von einem „steigenden Interesse“ am öffentlichen Golf in der Region. „Gerade junge Leute, die sich nicht an einen Ort binden wollen und sich eine Mitgliedschaft in einem Club oft nicht leisten können spielen da eine große Rolle“, sagt Helmke. Im Juli dieses Jahres spielten nach Angaben des VcG insgesamt rund 1300 Berliner und Brandenburger öffentlich Golf. Er sieht aber auch Nachteile beim „Golfen für jedermann“. „Wenn man nicht Mitglied in einem Golfclub ist, dann hat man auch kein Handicap“, sagt Helmke. Eine solche Bewertung der Spielstärke sei aber die Eintrittskarte für Turniere.
Neben dem Golfzentrum Potsdam gibt es in Brandenburg nach Angaben der VcG elf Anlagen, die zwar nicht ausschließlich das öffentliche Golfen anbieten, aber neben regulären Plätzen auch öffentliche Anlagen betreiben. Einer dieser Clubs ist der Märkische Golfclub Potsdam in Kemnitz bei Werder (Havel). Nina Putzmann, die Clubmanagerin der Anlage, surrt mit einem Elektrowagen über den akkurat gestutzten Rasen, vorbei an einem Wassertümpel und einer Sandgrube. „Hier haben die Spieler alles, was sie von den regulären Plätzen kennen“, sagt Putzmann. Auf dem 9-Loch-Platz neben dem großen 18-Bahnen-Meisterschaftskurs können die Spieler wochentags für 15 Euro und am Wochenende für 20 Euro ihre Runden drehen. In den ersten sechs Monaten dieses Jahres nutzten nach Angaben Putzmanns fünf Prozent mehr Spieler den öffentlichen Platz als im vergangenen Jahr.
Im Golfzentrum Potsdam ist für heute Schluss mit dem Training. Aus einem zur Bar umfunktionierten ehemaligen Schiffscontainer verkauft Stefanie Külzer Apfelschorle und Mineralwasser. Die Gäste setzen sich auf schlichte Bierbänke in den Schatten unter eine Markise. Gesprächsthema Nummer eins ist die mögliche Schließung des Golfzentrums. Vor wenigen Tagen hat Külzer vom Verpächter einen Brief bekommen. Bis zum 31. Dezember muss die Anlage geräumt werden. Külzer zufolge sollen auf dem rund neun Hektar großen Gelände Einfamilienhäuser gebaut werden. Noch kann er es nicht glauben. „Vielleicht geschieht noch ein Wunder“, hofft Külzer. Michael Reis
Michael Reis
- showPaywall:
 - false
 - isSubscriber:
 - false
 - isPaid: