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Dachgärten statt Kleingärten: Die Tamax-Vision für den Angergrund

© 2020 Nightnurse Images, Züri

Streit um Kleingärten in Potsdam: Grafikpanne sorgt für Irritationen

Der Konflikt um die Bebauung von Kleingärten im Angergrund zieht Kreise. Ein Bornstedter Verein kritisiert den Investor Tamax. Das Unternehmen fühlt sich missverstanden.

Potsdam - Der Dauerstreit um die Bebauung von Kleingärten am Babelsberger Angergrund ist seit Dienstag um eine Episode reicher. Der Verein Stadtrandelfen und der Investor überzogen sich gegenseitig mit offenen Briefen. Auslöser war eine Kommunikationspanne: Auf einer Grafik war eine Fläche nicht genau eingezeichnet. Der Verein befürchtete deshalb, dass ihm die Fläche für sein Bildungsprojekt "Habichtwiese" entzogen werden soll, und wandte sich in der Nacht zu Dienstag mit einem offenen Brief an den Investor Tamax, die Fraktionen der Stadtverordnetenversammlung und verschiedene Medien. Tamax konterte am Nachmittag: Die umstrittene Grafik habe nur der groben Orientierung gedient. Die vom Unternehmen gemeinte Fläche befinde sich "direkt neben dem von Ihnen geschaffenen Begegnungsort 'Habichtwiese'".

Auslöser des neuerlichen Streits ist eine jüngste Offerte des Unternehmens an die Stadt. Wie berichtet hatte Tamax in der vergangenen Woche angeboten, auf dem umstrittenen Areal der früheren Kleingartensparte Angergrund in Babelsberg 650 Wohnungen zu bauen, davon 155 Sozialwohnungen. "Hier könnten 1200 Potsdamer leben, es wäre das größte innerstädtische Wohnprojekt der vergangenen Jahre", sagte Tamax-Chef Kai-Uwe Tank den PNN auf Nachfrage. Zudem bot die Firma die Errichtung einer neuen Gartensparte in Bornstedt nahe der "Habichtwiese" an - die mit 30 Parzellen sogar sechs Grundstücke mehr bieten würde als die Gartensparte am Angergrund. "Eine Win-Win-Situation für alle", heißt es auf der Webseite des Bauvorhabens www.angergrund.de.

Verein sieht sich als Spielball

Beim Verein Stadtrandelfen fühlte man sich angesichts der Gemengelage gar nicht als Gewinner: "Wir sind kein Pfand, Spielball oder Druckmittel für Ihre Bauvorhaben. Ihre privaten Vorhaben in Bornstedt und Babelsberg haben aus stadt- und bauplanerischer Sicht nichts miteinander zu tun und so wird es auch bleiben", schrieb der Verein an Tamax. Eigentümer der eingezeichneten Fläche, auf der die "Habichtwiese" liege und auf der Gärten entstehen sollen, sei gar nicht die Tamax. "Sie planen also gerade mit Flächen und bieten diese als Pfand an, die anderen Menschen gehören und die von ihren Planungen bis zum Zeitungsartikel auch nichts wussten." 

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In einem Satz des Briefes bringen die Verfasser auch eine andere Deutungsmöglichkeit ins Spiel: Tamax müsse seinen Grafiker "bessere Karten Zeichnen lassen". Darauf regiert das Unternehmen in seiner Antwort: Diese Annahme sei richtig. "Eine kurze E-Mail oder Anruf hätten genügt, um Abhilfe zu schaffen." Man möchte das Angebot zur Schaffung von 30 Dauerkleingärten bekräftigen. Das tatsächlich gemeinte Flurstück habe Tamax bereits käuflich erworben.

Wie berichtet war die Offerte ohnehin nicht auf Begeisterung gestoßen. Baudezernent Bernd Rubelt (parteilos) hatte gesagt, dass Kleingärten in Bornstedt nicht den Schwund von Kleingärten in Babelsberg heilen. Auch aus den Reihen von SPD, Grünen und Linken, die zusammen in der Stadtverordnetenversammlung die Mehrheit stellen, kam Ablehnung.

Das Gelände am Angergrund gehört seit 2014 der Tamax, die auch erfolgreich gegen die Gärten geklagt hatte – diese hatten keine Rechtsgrundlage, wie es der Potsdamer Kleingartenverband vorher über Jahre behauptet hatte. Im Herbst 2018 hatte die Firma die Gärten räumen lassen. Daraufhin hatten die Stadtverordneten ein Bebauungsplanverfahren gestartet und eine sogenannte Veränderungssperre beschlossen. So lange darf der Eigentümer dort nicht bauen. Erst vor rund zwei Wochen hatten die Stadtverordneten im Bauausschuss einstimmig für die Verlängerung der Veränderungssperre für das Areal um ein Jahr votiert. Die Zeit will die Stadt nutzen, um die bereits geräumten Kleingärten festzuschreiben. Wegen der Veränderungssperre fordert Tamax auch vor Gericht Schadenersatz. Am Mittwoch steht das Thema auf der Tagesordnung der Stadtverordneten.

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