Landeshauptstadt: Gratis arbeitende Russen?
Schweizerin wegen Verstoßes gegen das Ausländerrecht angeklagt
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Schweizerin wegen Verstoßes gegen das Ausländerrecht angeklagt Von Gabriele Hohenstein Marianne D. (71) passt in ihrer teuren Garderobe nicht so richtig auf die Anklagebank des Amtsgerichts. Sie sieht sich auch zu Unrecht auf diesen Platz verbannt. Der Staatsanwalt wirft der Schweizerin einen Verstoß gegen das Ausländergesetz vor, der mit Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder Geldstrafe geahndet werden kann. Die Seniorin soll am 15. August 2002 zwei Weißrussen illegal auf ihrem Potsdamer Grundstück beschäftigt haben. Wladimir und Julia K. seien lediglich mit einem Touristenvisum in die BRD eingereist, hätten daher keiner Arbeit in Deutschland nachgehen dürfen, so die Anklagebehörde. Nach jahrelanger Verwahrlosung hätte sie endlich Gelegenheit gehabt, Ordnung auf dem Grundstück, das ihr und ihrem Bruder gehöre, zu schaffen, berichtet die elegante Dame. „Wissen Sie, wie es dort aussah? Der Vormieter war ausgezogen, hatte Berge von Müll hinterlassen.“ Rein zufällig habe sie von zwei jungen Ausländern in der Nachbarschaft erfahren, die sich langweilten. Wladimir und Julia K. seien gleich bereit gewesen, ihr bei der Entrümpelung der Garage und dem Schneiden der Hecken zu helfen, erzählt Marianne D. „In meinen Augen war das Nachbarschaftshilfe. Eine Entlohnung war nicht vereinbart“, versichert die Angeklagte. Sie habe sich überhaupt keine Gedanken darüber gemacht, den jungen Leuten einen finanziellen Beitrag zukommen zu lassen. „Hecken stutzen und stundenlang alten Krempel aus der Garage schleppen ist in meinen Augen etwas anderes, als mal eben jemandem ein Brot vom Bäcker mitzubringen“, wirft die Richterin ein. Von Nachbarschaftshilfe könne aus ihrer Sicht keine Rede sein. Allerdings hält sie der Schweizerin zugute, dass sie die jungen Leute nur einen Tag lang ohne Arbeitserlaubnis beschäftigte, ihnen weder Unterkunft noch Verpflegung bot. Beihilfe zum illegalen Aufenthalt von Ausländern sei es allemal, grollt der Staatsanwalt und beantragt eine Geldstrafe von 30 Tagessätzen zu je 35 Euro. „In der Schweiz zahlt man für so etwas 300 Franken“, empört sich die Angeklagte. So billig kommt sie zwar nicht davon. Aber mit 25 Tagessätzen bleibt das Gericht deutlich unter der von der Anklagebehörde geforderten Sanktion.
Gabriele Hohenstein
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