Landeshauptstadt: Grenzen überwinden
Was ein Fahrländer Tischler-Meister auf der Fleischwarenmesse in Polen suchte
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Was ein Fahrländer Tischler-Meister auf der Fleischwarenmesse in Polen suchte Grenzen sind für die Brauns offenbar da, um sie zu überwinden. Der in Süddeutschland ansässige Tischlereibetrieb, der sich auf den Sporthallenausbau spezialisiert hat, aber auch Firmenobjekte mit edlem Interieur ausstattet, hatte keine Angst, eine Niederlassung in Westberlin zu gründen. Das war 1983. Von Mauerfall also noch keine Spur. Als der Grenzwall endlich niedergerissen war, zog die Firma mit Mann und Maus nach Fahrland – wegen der günstigeren Grundstückspreise. 1992 wurde der LPG Grund und Boden samt einer Halle abgekauft. Und seit Europa zusammenwächst interessiert man sich auch für die Nachbarn. „Der deutsche Markt ist heiß umkämpft“, erklärt Stephan Braun (31), der Junior des 1966 gegründeten Handwerksbetriebs. Er hat 1995 seinen Meister gemacht und 2001 den Fahrländer Betrieb übernommen. Auslandsaufträge sichern seiner Firma das Überleben. Bei boomender Bauwirtschaft nach der Wende hatte die Firma bis zu 15 Beschäftigte und vier Millionen Euro Umsatz. Mitte der 90er Jahre setzte die Flaute ein. Auch Braun musste entlassen. Er arbeitet jetzt mit sechs Festangestellten und zehn freien Mitarbeitern, die er sich bei Bedarf heranholt. Der Umsatz liegt bei 1,5 Millionen. Dass es für die Firma Braun weder hinderliche Grenzen, noch Entfernungen gibt, zeigt auch die Auftragsliste: 1999 Sporthallenbau in Kaliningrad, 2000 in Peking, 2002 in Singapur und in diesem Jahr wurden Prallschutzwände und Einbauteile für eine Sporthalle in den Ural geliefert. Natürlich hat man auch Schulen in den neuen Bundesländern mit modernem Zubehör ausgestattet. Aber inzwischen fehlt den Kommunen überall das Geld und selbst die Fördermittel fließen sparsamer. Das bekommt natürlich auch die Firma Braun zu spüren. Als sich nun die Möglichkeit ergab, mit zur Fleischwarenmesse nach Poznan zu fahren, sagte der Tischlermeister aus Fahrland sofort zu. Nicht, dass er als Nebenprodukt Wurstspießchen drechseln wollte, er erhoffte sich Gespräche am Rande der Messe und die kamen schließlich auch zustande. Und so war der Messebesuch das eigentliche Beiwerk, die Gespräche mit einer Firma, zu der in Deutschland schon Kontakte bestanden, aber die Hauptsache. Gemeinsam will man in Polen in den Turnhallenausbau einsteigen, der nach Eintritt des Nachbarlandes in die EU sicher mit Fördermitteln unterstützt wird. Es gebe schon ein konkretes Projekt rund 30 km westlich von Poznan, meint Braun. Auch in Tschechien will er sich übrigens engagieren, in Kooperation mit einheimischen Firmen. Das Treffen mit polnischen Handwerksbetrieben bezeichnet Braun dagegen als „nicht so erfolgreich“. Die Polen wollen vor allem verkaufen und nicht einkaufen, schildert er seinen Eindruck. Doch ein vereintes Europa kann nicht aus Einbahnstraßen bestehen, meint der junge Tischlermeister. Wer wie er Spezielles anzubieten habe, der wolle natürlich auch die gegenläufige Spur besetzen.dif
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