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Von Sabine Schicketanz: Griebnitzsee: Stadt verteidigt Schwarzbau-Erlasse Anrainer wollen vor Gericht ziehen / Baurechtler Battis attestiert Stadt fehlerhaftes Ermessen

Babelsberg - Die Stadt Potsdam hat gestern ihren Griebnitzsee-Kurs verteidigt. Es sei für die Aufstellung des neuen Ufer-Bebauungsplans notwendig, den Seeanrainern die Genehmigungen für ihre Bootshäuser zu entziehen, sagte gestern Sprecher Stefan Schulz.

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Babelsberg - Die Stadt Potsdam hat gestern ihren Griebnitzsee-Kurs verteidigt. Es sei für die Aufstellung des neuen Ufer-Bebauungsplans notwendig, den Seeanrainern die Genehmigungen für ihre Bootshäuser zu entziehen, sagte gestern Sprecher Stefan Schulz. Die Verwaltung habe fünf Baugenehmigungen zurückgenommen, davon drei für bereits errichtete Bootshäuser und zwei für Bootshäuser, für die der Baubeginn angezeigt worden sei. Schulz betonte, die Stadt mache dabei „keine Unterschiede“ zwischen den Anrainern, die per Klage den vorherigen Ufer-Bebauungsplan gekippt hatten, und Nicht-Klägern. Der Genehmigungs-Entzug sei „keine Waffe“ im Konflikt um den freien Uferweg, so Schulz. Er kündigte an, dass Oberbürgermeister Jann Jakobs (SPD) in der heutigen Stadtverordnetenversammlung zum Vorgehen Stellung nehmen werde.

Die Verwaltung hat wie berichtet per „Rücknahmebescheid“ die zuvor von ihr selbst genehmigten Griebnitzsee-Bootshäuser für illegal erklärt. Die Begründung: Nachdem der Bebauungsplan, auf dessen Grundlage die Bootshaus-Genehmigungen erteilt worden seien, vom Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg (OVG) für unwirksam erklärt wurde, seien jetzt auch die Baugenehmigungen rechtswidrig. Den Anrainern, die den Ufer-Bebauungsplan mit ihrer Klage zu Fall gebracht hatten, wirft die Stadtverwaltung vor, damit den Grund für den Entzug der Genehmigungen selbst „herbeigeführt“ zu haben. Daher hätten sie auch keinen Anspruch auf Schadenersatz, sollte die Stadt sich entscheiden, die Schwarzbauten abreißen zu lassen.

Ein „Rückbau“ – also Abriss – der drei errichteten Bootshäuser sei allerdings „bisher gar kein Thema“, so Stadtsprecher Schulz. Ob die Stadt Abrisse durchsetzen werde, sei „abhängig davon, wie der neue Bebauungsplan aussieht“, sagte Schulz. Der Plan wird derzeit von der Verwaltung erarbeitet. Nicht auszuschließen ist, dass er Bootshäuser erlauben wird. Sollten die jetzt formellen Schwarzbauten dann abgerissen worden sein, könnten sie umgehend wieder aufgebaut werden.

Ob das Vorgehen der Stadt, die Baugenehmigungen zu entziehen, tatsächlich rechtens ist, müssen Gerichte entscheiden. Der Anwalt zweier Bootshaus-Besitzer, Christoph Partsch, sagte gestern, seine Mandanten würden „natürlich“ vor das Verwaltungsgericht ziehen. Die Widersprüche gegen die „Rücknahmebescheide“ seien bereits bei der Stadtverwaltung eingereicht. Partsch nannte die Schwarzbau-Bescheide der Stadt eine „irrationale Maßnahme“.

Der renommierte Berliner Baurechtler Ulrich Battis sagte gestern, der Entzug der Bootshaus-Baugenehmigungen durch die Verwaltung fuße auf einem „fehlerhaften Ermessen“. Auch wenn ein Bebauungsplan unwirksam werde, müsse eine Behörde die darauf basierenden Genehmigungen nicht zurücknehmen. Es reiche, dass ein Bau „formell und materiell legal war, dem wirksamen Bebauungsplan entsprach und durch eine Baugenehmigung legalisiert wurde“, so Battis. Auch werde die Stadt „kaum daran vorbeikommen, beim neuen Bebauungsplan Bootshäuser wieder zu erlauben“, da sie es in der Vergangenheit getan hatte, sagte der Baurechtler, der Potsdams Bauverwaltung vor drei Jahren in einem Bericht Willkür nachgewiesen hatte.

Dass die Stadt im Bootshaus-Fall Anrainern vorwerfe, mit ihren Klagen gegen den Bebauungsplan den Entzug ihrer Baugenehmigungen selbst verursacht zu haben, nannte Battis „hochproblematisch“. Dass Anrainer den Plan in Zweifel zogen und gleichzeitig Bauanträge stellten, sei nicht treuwidrig: Die Bootshäuser hätten auch einfach nach Baugesetzbuch genehmigt werden können.

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