Etwas HELLA: Griechische Verhältnisse
Seien Sie nett zu den Touristen. Es könnte sein, dass Sie bald deren einzige Informationsquelle sind.
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Seien Sie nett zu den Touristen. Es könnte sein, dass Sie bald deren einzige Informationsquelle sind. Geht es rechts oder links herum zum Holländischen Viertel und kommt im Advent der Sinterklaas oder kommt er nicht? Welche Buslinie fährt zum Neuen Garten und ist die Gedenkstätte Cecilienhof trotz Restaurierung des Schlosses offen? Wo gibt es Karten für Veranstaltungen und was kommt in das große Loch am Brauhausberg? Sanssouci und Brandenburger Straße ausweisen kann natürlich jeder. Aber alles andere, was ein Tourist wissen will, sind Sie da fit? Üben Sie schon mal, machen Sie sich ortskundig und vielleicht auch einen Touristinformations-Aushilfsschein. Bieten Sie zur Not ein Bett oder Ihre Couch in der guten Stube an, falls es mit der kurzfristigen Zimmervermittlung nicht klappt. Es könnte nämlich sein, dass die Tourist-Informationen in den Bahnhofspassagen und in der Brandenburger Straße die Zeit nicht überdauern, bis die Stadt es schafft, sich bei der Ausschreibung ans Vergaberecht zu halten. Straßenbahnfahrer kann man schlecht fragen, die sind in ihren Fahrerkabinen eingekastelt. Die Busfahrer sind natürlich alle höflich und auskunftsfreudig, man trifft allerdings manchmal auch auf die einzige Ausnahme, die es noch gibt und die antwortet dann: „Wenn Se nich wissen, wo Se hinwolln, kann ick och nich helfen.“
Ich denke noch voller Dankbarkeit an meinen Urlaub auf der Insel Kos. Dort wurde ich mehrfach im Kreis herumgeschickt auf meiner Suche nach der Tourist-Information. Ich lernte die Inselhauptstadt mehr oder weniger freiwillig besser kennen, hatte nette Gespräche und gute Einblicke in griechische Befindlichkeiten. Kos-Stadt war allerdings viel kleiner als Potsdam und gut zu erwandern. Schließlich erklärte mir jemand, die Tourist-Information gebe es gar nicht mehr. Ich brauchte auch keine mehr, ich wusste inzwischen alles, was ich wissen wollte. Na ja, dachte ich, die Griechen sind eben etwas anders organisiert. Aber mit einem solchen Eindruck wollen wir doch unsere Besucher nicht ausgerechnet aus dem Herz von Preußen, also aus Potsdam, abreisen lassen.
Um Karten für Veranstaltungen müssen Sie sich nicht kümmern, da gibt es Ausweichstellen, genannt Ticketerias. Auch Fahrkarten für Bahn und Bus kann man immer noch am Bahnhof und am Platz der Einheit erwerben. Allerdings sollen Ausländer gewisse Schwierigkeiten mit dem schönen deutschen Wort „Verkehrsbetriebe“ haben. Nehmen Sie den ausländischen Gast an die Hand und führen Sie ihn zum Schalter. Er wird es Ihnen danken. Wie jede andere Auskunft natürlich auch. Selbst wenn Sie demnächst lauten sollte: Tourismus-Information? Leider geschlossen.
Unsere Autorin ist langjährige Redakteurin und jetzt freie Mitarbeiterin der PNN. Sie lebt in Potsdam
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