Interview über Grippeschutzimpfung: „Grippe wird durch Viren verursacht, Antibiotika wirken nur gegen Bakterien“
Jens Dirk Thieß, Potsdamer Facharzt für Innere Medizin, spricht im PNN-Interview darüber, wie man eine Grippe von einer Erkältung unterscheidet und wann man zum Arzt gehen sollte.
Stand:
Herr Thieß, wann beginnt die Grippesaison?
Momentan kommen recht viele Menschen mit Erkältungskrankheiten zu mir in die Praxis – die haben aber keine Grippe, sondern eine Erkältung. Die richtige Grippewelle startet zumeist zu Jahresbeginn, wann genau, ist immer unterschiedlich.
Woran merkt man, ob man einer einfachen Erkältung oder einer Grippe erkrankt ist?
Eine Erkältung kennzeichnet sich durch Halsschmerzen, Husten, Schnupfen und teils auch Gliederschmerzen. Grippepatienten hingegen sind plötzlich schwer krank. Das heißt, sie haben hohes Fieber und sind schwer beeinträchtigt in ihrem Allgemeinzustand. Hinzu kommen Gliederschmerzen und trockener Husten.
Was wissen die Leute über die Grippe nicht?
Viele Leute kommen zu mir in die Praxis und wollen ein Antibiotikum verschrieben haben. Aber die Grippe wird durch Viren verursacht, Antibiotika wirken nur gegen Bakterien. Es kann natürlich sein, dass im Zuge eines grippalen Infekts eine bakterielle Infektion auftritt. Aber auch das bekommt der Körper meist ohne Antibiotikum in den Griff.
Bei welchen Symptomen sollte man zum Arzt gehen?
Wenn man die Grippe hat, geht man freiwillig zum Arzt. Ansonsten wäre man schon sehr leidensfähig. Die Patienten fühlen sich wirklich krank.
Was kann man tun, um die Grippe erst gar nicht zu bekommen?
Man sollte Menschenansammlungen meiden, auch wenn dies oft nicht möglich ist. Die Viren werden zum Beispiel in der Straßenbahn übertragen: Jemand hustet in die Hand, greift an die Haltestange, der nächste fasst diese dann an. Daher ist auch ganz wichtig, die Hände oft zu waschen. Wer krank ist, sollte nicht in die Hand, sondern in den Oberarm reinhusten. Außerdem sollte man sein Immunsystem stärken: viel Obst und Gemüse essen, viel trinken. Zink-Tabletten und andere Ergänzungsstoffe können eine prophylaktische Wirkung haben. Aber was wirklich hilft, ist die Grippeschutzimpfung. Impfen lassen sollten sich chronisch Kranke und ältere Leute. Außerdem medizinisches Personal und generell Leute, die viel mit Menschen zu tun haben – also quasi jeder. Der beste Zeitpunkt ist übrigens zwischen Mitte und Ende Oktober.
Welche Nebenwirkungen gibt es?
Die Impfung tut nicht weh, den Stich merkt man kaum. Durch die Spritze in den Oberarmmuskel kann es zu muskelkaterähnlichen Schmerzen kommen, die nach ein bis zwei Tagen wieder verschwinden. Manche Patienten berichten von einem leichten Krankheitsgefühl. Das liegt daran, dass quasi Partikel gespritzt werden, die für den Körper aussehen wie echte Grippeviren, aber nicht krankmachend sind. Der Körper glaubt dies und bildet Abwehrstoffe.
Und wenn es einen doch erwischt?
Das Wichtigste bei einer echten Virusgrippe ist körperliche Schonung, Bettruhe und viel trinken. Der Arzt wird entsprechend der Symptome eventuell weitere Maßnahmen einleiten müssen.
Das Interview führte Anne-Kathrin Fischer
ZUR PERSON: Jens Dirk Thieß ist Facharzt für Innere Medizin. Seit vier Jahren leitet der 44-Jährige eine Praxis in der Benkertstraße, in der man sich gegen die Grippe impfen lassen kann.
Anne-Kathrin Fischer
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