Landeshauptstadt: Grün leuchtet Malachit
Stefan Klappenbach restauriert Zarengeschenke
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Als der Hirtenjunge Danilo im Ural die „Steinerne Blume fand, verstand er die Geheimnisse der Kunst und stieg zu einem berühmten Malachitschneider auf. Das von Pawel P. Bashow erzählte Märchen wurde weltbekannt und regte Sergej Prokofjew zu einem Ballett an.
Auf Danilos Spuren wandelt jetzt Stefan Klappenbach. Dem bei der Stiftung Preußische Schlösser und Gärten tätigen Steinrestaurator wurde die Aufgabe übertragen, die Kunstwerke des so genannten Malachitzimmers in der Neuen Orangerie zu restaurieren. Hier sind mehr als 20 Vasen, Schalen, Wandleuchter, Zierkannen, Blumenpodeste, Tischplatte und Uhr, der Kamin mit dem smaragdgrünen, achatartig gebänderten Schmuckstein belegt. Nur zwei bis fünf Milimeter stark ist auf einem Untergrund aus Bronze oder Sandstein die Schicht aus dem empfindlichen Material. Der Zahn der Zeit hat die polierte Oberfläche stark angegriffen und großflächig Teile abplatzen lassen.
Nun aber sollen die Kunstwerke alten Glanz zurück erhalten. In Deutschland gibt es kaum noch Fachleute für die Bearbeitung von Malachit. Auch der erfahrene Stefan Klappenbach musste damit erst Erfahrungen sammeln. Mit herkömmlichen Steinschneidemaschinen lässt sich der Stein nicht schneiden, dabei zerfallen die Scheiben. Deshalb verwendet der Restaurator einen Bogen, in den feine Eisendrähte gespannt werden. Mit diesem Gerät, das einem Kinderflitzbogen ähnelt, sägt er von Hand die Scheiben. „Nervös werden darf man dabei nicht, kommentiert er das Geduldsspiel. Um schneller voranzukommen, verwirklicht er nun aber mit der Schlosserei der Stiftung eine andere Idee. In einem tschechischen Mineralienmuseum hat er das Modell eines Steinsägegatters aus dem 18. Jahrhundert gesehen, das gleichzeitig mehrere Scheiben herausschneidet, und lässt es in zeitgemäßer Form nachbauen.
Das Geduldsspiel geht weiter. Mittels Schablonen überträgt der Restaurator die Fehlstellen auf die neue Platte und nimmt zum Aussägen wieder den „Flitzbogen zur Hand. Dabei geht es nicht nur um die millimetergenaue Form, vielmehr müssen die Ergänzungsstücke auch in ihren Farbnuancen und der Bänderung dem Umfeld entsprechen. Die Ränder werden mittels Diamantfeilen und Schleifen mit Siliziumkarbid in verschiedenen Korngrößen passgerecht gemacht.
Das Aufkleben der neuen Stücke erfolgt mit einem Schmelzkleber aus Bienenwachs, Kolophonium und Malachitpulver. Diese Mischung wird auch zum Schließen von Fugen und Rissen verwendet. Abschließender Arbeitsgang ist das Polieren mit Chromoxid auf Leder oder Filz, etwas Seife und Wasser.
In Klappenbachs Arbeitsraum ist bereits der fertiggestellte Sockel einer vieretagigen Schale auf hohem Postament zu bewundern. Für sein Geduldsspiel, zu dem er jetzt einen Freiberufler hinzugezogen hat, bleibt dem Steinrestaurator wenig Zeit. Vorsorglich hat er schon vor zwei Jahren im Berliner Mineralienhandel den heute meist aus Afrika kommenden Malachit eingekauft. 2008 sollen die restaurierten Stücke in der großen Ausstellung „Preußen und Russland 1800 - 1850“ in St. Petersburg und Berlin gezeigt werden. Sie sind ein Zeugnis der freundschaftlichen Beziehungen zwischen beiden Staaten in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts. Diese fußten nicht nur auf gemeinsamen politischen Interessen, so in den Befreiungkriegen gegen Napoleon, sondern auch auf der Verbundenheit beider Herrscherhäuser. So wurde Prinzessin Charlotte, die Lieblingsschwester des preußischen Königs Friedrich Wilhelm IV., mit dem russischen Großfürsten und späteren Zaren Nikolaus I. vermählt. Für deren Potsdam-Besuche war der Malachitraum in der Orangerie als Gästezimmer eingerichtet worden.
Die Kunstwerke aus dem edlen Mineral stellten Geschenke des Zarenhofs dar. Als besonders hochwertig werden der Kamin und eine große Kratervase eingeschätzt, die in der Jekaterinenburger Steinschleiferei angefertigt wurden.
Erhart Hohenstein
Erhart Hohenstein
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