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Hinrich Enderlein.

© M. Thomas

Von Martin Gätke: Grüne Grenzen

Der Integrationsgarten am Schlaatz feierte am Samstag sein zehnjähriges Jubiläum

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Am Schlaatz - Litauen grenzt direkt an Vietnam, das Kosovo liegt nur einen Steinwurf von beiden entfernt – und irgendwo dazwischen befindet sich noch die russische Metropole Moskau. „Hier ist die Welt etwas anders“, sagt Svetlana Hermann lächelnd, bevor sie in leichtem russischem Akzent noch viele andere Teile der Welt aufzählt. „Und all diese Länder sind nur getrennt durch eine grüne Grenze aus Gras.“

Die etwas andere Welt – sie ist ein Integrationsgarten und besteht aus 15 aneinander liegenden Gartenparzellen, jede bepflanzt und beackert von einer Familie aus einem anderen Land. Am vergangenen Samstag feierte die grüne Enklave inmitten des Plattenbaubetons am Schlaatz ihr zehnjähriges Bestehen. Auch der Fraktionschef der Potsdamer Linken, Hans-Jürgen Scharfenberg, besuchte die Jubiläumsfeier und ließ sich nationale Köstlichkeiten aller Herren Länder schmecken.

„Die Geschichte begann aber bereits vor zwölf Jahren“, erklärte Carla Villwock, die Vorsitzende des Kulturbundes Brandenburg e.V., dem Träger des Integrationsgartens. Viele Aussiedler aus Potsdam suchten in dieser Zeit etwas Land zum Beackern. Die meisten stammten aus ländlichen Gebieten, waren Bauern und Landwirte, und lebten nun in ihrer neuen Heimat Deutschland in kleinen Wohnungen. Geld für einen eigenen Kleingarten hatten sie nicht. „Auf der Suche nach Alternativen traten viele der Familien an den Kulturbund heran“, so die Vorsitzende. Dieser benötigte noch einmal zwei Jahre, um die Brache am Schlaatz zu finden, die einst ein Schulgarten war. Mit viel Mühe und Unterstützung der Stadt, des Botanischen Gartens und zahlreicher Spender wurde aus der Einöde ein multikulturelles Kleingärtner-Paradies: mit großer Laube, einem Lehmbackofen und einem großen Pavillon. Dazu bekam die nahe liegende „Weidenhof“-Grundschule einen neuen Schulgarten für ihre Naturprojekte.

„Doch wir hatten auch mit Gegnern dieses Projekts zu kämpfen“, erzählt Carla Villwock. Bereits acht Brand- und Vandalismusanschläge von mutmaßlich rechtsextremistisch gesinnten Tätern musste der Garten verkraften. Dabei ist unter anderem auch die Laube bis auf die Grundmauern abgebrannt und musste wieder aufgebaut werden. „Daher hat uns die Stadt nun eine Video- und Alarmanlage zur Verfügung gestellt, die hoffentlich etwas abschreckt.“

Dem Projekt Integrationsgarten schadeten die Anschläge – aber sie hatten auch deutliches Engagement zur Folge. Nun besitzen auch einige deutsche Familien etwas Land im Garten. Und die Russin Svetlana Hermann, die selbst von Beginn an für das Projekt arbeitete, bereitet schon zwei neue Parzellen vor. „Jetzt zieht auch Afrika in unsere grüne Welt ein“, erzählte sie.

Martin Gätke

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