
© A. Klaer
Landeshauptstadt: Gruselgeschichten auf der Harry-Potter-Spinne
Potsdamer Kinder stellen ihre Ideen für die Einrichtung der Kinder- und Jugendbibliothek vor
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Innenstadt - Särge als Sofas. Einen gewissen Hang zum Morbiden kann man den Kindern wohl nicht absprechen. 17 Potsdamer Kids hatten sich zwei Tage lang Gedanken gemacht, wie ihre Kinder- und Jugendbibliothek Am Kanal nach der Sanierung aussehen soll – gestern wurden die Ergebnisse vorgestellt – und die Särge waren nur eine von vielen Ideen.
Dabei sind die Kinder erstaunlich professionell zu Werke gegangen. Unter der Anleitung des Kinder- und Jugendbüros des Stadtjugendrings haben sie zunächst die „Kritikphase“ durchgespielt und aufgeschrieben, was ihnen an der alten Bibliothek nicht gefallen hat: „zu laut“, „zu wenig Musik“, war da zu lesen, die Regale fanden manche „zu eckig“, „kahle Wände“ wurden ebenso beklagt wie „nicht so schöne Möbel“. In der „Fantasiephase“ gaben die Acht- bis Zwölfjährigen ihrem Affen dann so richtig Zucker. „Da haben wir einfach mal drauflosgesponnen“, sagt etwa Aaron. Die Vorschläge reichten von leiser Musik im Hintergrund über Hängematten bis zum „günstigen Kindercafé“ und einer umlaufenden Galerie als zweite Ebene, erreichbar über Kletterstangen.
Derlei wurde dann allerdings gleich anschließend im „Entscheidungskreis“ auf dem Altar der Unrealisierbarkeit geopfert. Über alles, was durchführbar schien, wurde abgestimmt und eine Hitliste erstellt. Ganz oben auf dem Wunschzettel: Sitzkissen, es folgen stimmungsvolles Licht und – gleichauf an Punkten – eine Krimi- und Gruselecke.
Die haben die Kinder auch gleich im Modell verewigt. Eine rabenschwarze, sargähnliche Umfriedung mit Drehtür und in der Mitte lauert Aragog, die große Spinne aus „Harry Potter“ – allerdings hübsch friedlich aus Plüsch, zum darauf Sitzen und sich in gruselige Geschichten vertiefen. „Das ist das Tolle, die kann wirklich entstehen“, freut sich Aaron.
Und auch der Architekt des Biblio- theksumbaus, Reiner Becker, gibt der Krimi- und Gruselecke sehr gute Chancen. Er will bis zum Herbst alle Vorschläge auf ihre Durchführbarkeit prüfen und die Kinder dann in sein Berliner Büro am Kurfürstendamm einladen, um ihnen das Ergebnis zu präsentieren. Becker lobte die „vielen tollen Ideen“ der Kinder und gab zu, dass er dies nicht erwartet hätte. Begeistert war er vom „analytischen Herangehen“, die Krimi- und Gruselecke fand er gar „super“.
Auch wenn dies einer der größten Wünsche der Kinder war – eines las man auf den vielen Vorschlagszetteln immer wieder: Bunter als früher möge es doch bitte werden. Bunte Wände und Teppiche, farbige Regale – und, ach ja, rund und in der Mitte offen sollen letztere sein, nach Themen geordnet. Eine Hörstation für Musik und Hörspiele ist ebenfalls in den Top Ten gelandet, ebenso wie ein „Bücherteich“, aus dem man mit einer Angel Bücher herausholen kann – ein Überraschungsspiel. Apropos: Auch eine Spielecke wünschen sich die Kinder.
Bis es soweit ist, werden allerdings noch gut zwei Jahre ins Land gehen. Ende 2012 will die Bibliothek bekanntlich aus ihrem Übergangsquartier in der Fachhochschule ins sanierte Hauptgebäude zurückziehen. Dessen Entkernung soll laut Becker „in den nächsten Wochen“ beginnen. Peer Straube
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