
© Andreas Klaer
Landeshauptstadt: Gruß vom Paten-Präsidenten
Lennard ist das siebente Kind von Sarah Killat und Patrick Osale. Bundespräsident Gauck ist sein Patenonkel
Stand:
Es ist 14 Uhr an einem normalen Nachmittag und noch ruhig in der großen Wohnung von Familie Killat. Bis auf die Eltern und das jüngste Kind sind alle unterwegs, in Kita und Hort, Schule, im Lehrbetrieb. Alle, das sind bei den Killats viele, in diesem Fall sechs. Und weil Lennard, der am 8. August 2012 geboren wurde, das siebente Kind der Familie ist, ist nun Bundespräsident Joachim Gauck höchstpersönlich sein Pate. Am Montag überreichte Potsdams Sozialdezernentin Elona Müller-Preinesberger (parteilos) der Familie die offizielle Patenschaftsurkunde.
So eine Präsidentenpatenschaft gibt es nur beim siebenten Kind, sagt Jugendamtsmitarbeiter Marco Kelch. Er und seine Kollegen kennen die Familie schon lange. Sie haben die Mutter unterstützt, als diese nach der Geburt des Jungen aufgrund einer Operation Hilfe brauchte, eine Familienhelferin kam ins Haus. Das ist jetzt nicht mehr nötig, Sarah Killat hat sich erholt, außerdem ist Lennards Vater seit drei Monaten bei ihr.
Patrick Charles Osale steht noch ein wenig zurückhaltend neben dem ganzen Geschehen, den vielen Leuten, die mit Kameras in dem großen Wohnzimmer die Mutter und den Kleinen fotografieren. Der Kenianer Osale spricht neben Kisuaheli, seiner Muttersprache, bisher nur Englisch. Einen Deutschkurs hat er gerade angefangen.
Warum er erst jetzt zur Familie gestoßen ist? Sarah lacht herzlich. Sie kennen sich schon seit mehr als zwanzig Jahren, sagt sie, ihre beiden großen Kinder sind gemeinsame Kinder. Dann kam sie nach Deutschland, verliebte sich in einen Deutschen, heiratete. Und jetzt, bei einem Urlaub in Kenia, da haben sie wieder zueinandergefunden. Natürlich wird er sie heiraten, sagt Osale leise und lächelt, als er danach gefragt wird.
Es ist eine große Familie, die er da bekommt: Sieben Kinder von fast 18 bis zu einem halben Jahr. Der Älteste macht gerade eine Elektrikerlehre, die große Tochter ist in der zehnten Klasse und will ihr Abitur machen, sagt Sarah Killat. An große Familien sind sie gewöhnt, meint die Mutter. „Wir waren zu Hause 17 Kinder, meine Mutter hatte fünf Kinder, dazu kamen die Kinder von Tanten, man teilte sich eben die Zimmer, die Betten.“ Vielleicht tauchen in der Pubertät mal Probleme auf wie jetzt bei den Großen, aber das sei normal. Ihr Sohn denke schon darüber nach, mit 18 Jahren auszuziehen. Sie hat die genauen Euro-Beträge im Kopf, die ihm dann zustehen, mit denen er das finanzieren müsste.
Momentan lebt die Familie von Hartz IV, sagt Sarah Killat, die sehr gut Deutsch spricht. Im Jahr 2000 kam sie nach Deutschland, hat mittlerweile die deutsche Staatsbürgerschaft, die ihres Heimatlandes musste sie dafür aufgeben. Anfangs tat ihr das leid, „ich konnte dann dort nicht mehr wählen“, sagt sie. Per Briefwahl hatte sie immer an den Wahlen in Kenia teilgenommen. Denn selbstverständlich ist sie politisch interessiert. „Welcher Ausländer ist das nicht?“, meint sie. Jetzt wählt sie in Deutschland.
Hier hat sie auch eine Ausbildung zur Altenpflegerin gemacht. Wenn Lennard in die Kita geht, könnte sie auch wieder arbeiten, sagt sie. Das müsse auch nicht unbedingt Schichtdienst bedeuten, meint Elona Müller-Preinesberger mit Blick auf den Kleinen. Vorerst muss es mit Unterstützung gehen. Die 125-Quadratmeterwohnung muss für die neun Personen reichen. Gern hätten sie eine größere, aber eine mit 140 Quadratmetern hätte 1500 Euro gekostet – zu viel, sagt Sarah Killat.
Aber sie jammert nicht. Nur Lennard quengelt ein bisschen, weil er das Foto von Joachim Gauck nicht bekommt. Dafür bekommt er kleine Spielzeuge aus der knisternden Geschenketüte: Schwimmflügel beispielsweise, die die Bäderlandschaft Potsdam mit einem Paket Eintrittskarten sponsert. Vom Präsidenten gab es ein Geldpräsent in Höhe von 500 Euro.
Initiiert hat die Patenschaft im Übrigen das Jugendamt Potsdam. Das passiere nicht automatisch, sagt Jugendamtmitarbeiter Marco Kelch, es ist lediglich ein Angebot des Präsidenten. „Dann haben wir ein Empfehlungsschreiben verfasst“, sagt Kelch. Insgesamt vier Familien mit sieben Kindern, eine sogar mit mehr als sieben, gibt es in Potsdam, sagt ein Stadtsprecher auf Anfrage.
Ob Joachim Gauck seine Schützlinge mal besucht, weiß Marco Kelch nicht. Vielleicht sollte er das bald tun: Noch fremdelt der kleine Lennard nicht und traut sich gestern auch in die Arme von Elona Müller-Preinesberger.
- showPaywall:
- false
- isSubscriber:
- false
- isPaid: