
© M. Thomas
WOHNUNGSPOLITIK: Günstige Zinsen – günstige Miete
UPDATE. Ein vom Land gefördertes Modellprojekt soll die Potsdamer Wohnungsnot lindern und Belegungsrechte sichern.
Stand:
Oberbürgermeister Jann Jakobs (SPD) nannte es einen Riesenschritt, um auf Dauer bezahlbaren Wohnraum anzubieten. Sein Parteigenosse, Brandenburgs Infrastrukturminister Jörg Vogelsänger, sprach von einem Modell, das bundesweit in Kommunen mit Wohnungsnot Schule machen könnte.
In jedem Fall aber beschreiten die Landesregierung und die Landeshauptstadt Neuland mit einem Projekt, das einer wachsenden Kommune über lange Zeiträume hinweg preiswerte Wohnungen sichern soll. Am Montag wurde eine Vereibarung zwischen der Investitionsbank des Landes Brandenburg (ILB) und der städtischen Baugesellschaft Pro Potsdam offiziell unter Dach und Fach gebracht, die der Stadt die Belegungsrechte für zunächst 1200 Wohnungen der Pro Potsdam zehn Jahre lang sichern soll.
Das Prinzip ist simpel: Die ILB senkt ihren Zinssatz für laufende Darlehensverträge mit der Pro Potsdam um 0,5 auf zwei Prozent. Bei einer Laufzeit bis 2021 spart die Gesellschaft auf diese Weise 2,8 Millionen Euro, die sie an einkommensschwache Mieter weiterreicht. Bei 5,50 Euro pro Quadratmeter wird die Nettokaltmiete gedeckelt. Alle drei Jahre ist eine Anhebung um 30 Cent zulässig, die Miete kann demnach bis 2021 auf maximal 6,40 Euro steigen. Im Gegensatz zur bisherigen Regelung ist das Belegungsrecht nicht mehr an eine bestimmte Wohnung gebunden, sondern kann flexibel gehandhabt werden. Wenn eine Familie in Finanznöte gerät, kann sie zur günstigen Miete in der alten Wohnung bleiben. Nach fünf Jahren wird die Einkommenssituation überprüft, hat sie sich verbessert, steigt die Miete auf den marktüblichen Preis, wenn nicht, gilt der günstige Satz für weitere fünf Jahre. Diese Praxis bietet den Vorteil, dass man den sozialen Mix in allen Stadtteilen bewahren kann.
Land, ILB und Pro Potsdam verhandeln bereits über eine Nachfolgevereinbarung, die weitere 1000 Wohnungen preisgünstig halten soll. Sie soll ab 1. Januar 2013 gelten, der jetzige Kontrakt ist rückwirkend zum 1. Januar 2012 datiert. Ziel ist es, möglichst für alle der rund 8500 Wohnungen in Potsdam, deren Modernisierung gefördert wurde, die Belegungsrechte auf die gleiche Weise zu sichern.
Vogelsänger feierte den Vertrag als Beispiel dafür, wie man „mit einem vergleichsweise kleinen Betrag eine ganz große Wirkung erzielen kann“. Das Modellprojekt könne auf alle Speckgürtel-Kommunen mit nachweislicher Wohnungsnot ausgeweitet werden, warb der Minister. Mit Potsdam sind das insgesamt 14: Kleinmachnow, Teltow, Falkensee, Werder (Havel), Stahnsdorf, Schönefeld, Hohen Neuendorf, Leegebruch, Michendorf, Woltersdorf, Großbeeren, Bernau bei Berlin und Schöneiche bei Berlin. Finanziell könne das Land es abdecken, allen genannten Kommunen die günstigen Zinssätze auf alte Darlehensverträge einzuräumen, sagte Jürgen Schweinberger, Abteilungsleiter Stadtentwicklung und Wohnungsbau im Infrastrukturministerium. Auch in Potsdam gibt es bereits weitere Interessenten. Die größte der hiesigen Wohnungsgenossenschaften, die „Karl Marx“, habe bereits angefragt, sagte Schweinberger den PNN.
Da mit einem Wiedereinstieg des Bundes in die umfangreiche Förderung von Wohnungsneubau kaum zu rechnen sei, werde dies das Modell der Zukunft sein, sagte Vogelsänger. Bislang kann Brandenburg zumindest jährlich rund 30 Millionen Euro aus Bundesmitteln – dem sogenannten Entflechtungsgesetz – für die Wohnungsbauförderung an die Kommunen weiterreichen. Ab 2014 will der Bund diese Mittel jedoch drastisch kürzen. Auf Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) zählt Vogelsänger dabei nicht: Der sei in dieser Frage „sehr hartleibig“, sagte er. Einen Durchbruch erhofft sich Vogelsänger von einer Gesprächsrunde aller Ministerpräsidenten mit Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU).
- showPaywall:
- false
- isSubscriber:
- false
- isPaid: