Landeshauptstadt: Gutachter decken weiteren Fall der Bespitzelung auf Anwälte: Paffhausen holte sich Rat bei Rechtsanwalt Erbe, dem später eingesetzten Aufklärer
In der Spitzel-Affäre um Ex-Stadtwerke- Chef Peter Paffhausen gibt es einen zweiten Fall: Nach dem heutigen Pro-Potsdam- Chef Horst Müller-Zinsius hat Paffhausen im Jahr 2003 auch den ehemaligen Geschäftsführer des städtischen „Entwicklungsträger Bornstedter Feld“, Volker Härtig, und dessen Geschäftspraktiken ausforschen lassen. Das geht aus einem vertraulichen Gutachten der auf Wirtschafsstrafrecht spezialisierten Berliner Kanzlei „Freyschmidt / Frings / Pananis / Venn / Bärlein“ hevor.
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In der Spitzel-Affäre um Ex-Stadtwerke- Chef Peter Paffhausen gibt es einen zweiten Fall: Nach dem heutigen Pro-Potsdam- Chef Horst Müller-Zinsius hat Paffhausen im Jahr 2003 auch den ehemaligen Geschäftsführer des städtischen „Entwicklungsträger Bornstedter Feld“, Volker Härtig, und dessen Geschäftspraktiken ausforschen lassen. Das geht aus einem vertraulichen Gutachten der auf Wirtschafsstrafrecht spezialisierten Berliner Kanzlei „Freyschmidt / Frings / Pananis / Venn / Bärlein“ hevor. Der erste Teil des Frings- Gutachtens befasst sich mit den von Ex-Stadtwerke- und EWP-Chef Paffhausen beauftragten Sicherheitsdiensten. Darin erläutert Frings sehr detailliert, wie, wann und warum Paffhausen die „Überprüfung“ von Härtig in Auftrag gegeben hat. Ein Spitzelbericht, wie er im Fall Müller-Zinsius aufgetaucht war, liegt allerdings im Fall Härtig nicht vor – offenbar, weil sich dies mit der Entlassung Härtigs Ende 2003 erledigt hatte.
Das Frings-Gutachten geht nicht davon aus, dass Paffhausen sich mit seinem Agieren strafbar gemacht haben könnte. Strafrechtlich betrachtet handele es sich nicht um Untreue, auch wenn nicht durch Leistungen belegte Pauschalzahlungen an Sicherheitsfirmen erfolgt seien. Es gebe zudem „keine Hinweise auf unvertretbares Handeln“ Paffhausens im Rahmen der unternehmerischen Entscheidungsfreiheit, so das Frings-Gutachten. Letzteres verwundert schon deshalb nicht, weil Paffhausen nach Angaben des Gutachtens vor dem Spitzelei-Auftrag einen Profi eingeschaltet hatte: Rechtsanwalt Joachim Erbe. Laut Frings-Gutachten hat es im Februar 2003 ein Gespräch zwischen Paffhausen und Erbe gegeben, bei dem die Möglichkeit, Entwicklungsträger-Chef Härtig zu „überprüfen“, aufgezeigt worden sein soll. Wenig später im Frühjahr 2003 soll Paffhausen dann gemeinsam mit dem Chef der von ihm beauftragten Firma UP Sicherheitsmanagement, Uwe Petzold, bei Erbe gewesen sein, um die Überprüfung des geschäftlichen und privaten Umfelds Härtigs zu besprechen. Laut Frings- Bericht war Rechtsanwalt Erbe auch in den anschließenden Überprüfungsprozess involviert. So hätten sich auf Kopfbogen der Kanzlei gedruckte Schriftsätze angefunden, in denen es unter anderem um einen wegen vermeintlicher privater Verbindlichkeiten gegen Härtig ausgestellten zivilrechtlichen Haftbefehl zur Erzwingung einer eidesstattlichen Versicherung ging. Eine Information, die offenbar aus dem öffentlich zugänglichen Schuldnerverzeichnis stammte und das Ziel hatte, Härtigs „wirtschaftliche Zuverlässigkeit“ als Geschäftsführer infrage zu stellen.
Brisant: Erbe war es auch, der nach Bekanntwerden der Spitzel-Vorwürfe im Dezember 2010 mit der Prüfung der Vorgänge beauftragt wurde. Jakobs betonte damals weiterhin, er habe an Objektivität und Sachkunde des Juristen Erbe keine Zweifel.
Laut Frings-Bericht soll es Ende 2002, Anfang 2003 eine Unterredung von Paffhausen, Jakobs und anderen gegeben haben, an der auch Erbe teilnahm. Grund des Treffens: Ende 2002 hatte die damalige ORB-Sendung „Klartext“ von möglichen Ungereimtheiten bei Tiefbau-Vergaben durch die EWP berichtet. Der Verdacht einer Bevorzugung des Unternehmens Thymian drängte sich anhand des Berichts auf; die Korruptionsstaatsanwaltschaft Neuruppin nahm Ermittlungen auf, stellte diese später ein. Intern prüfte Rechtsanwalt Erbe im Auftrag von Jakobs die Vorwürfe gegen Paffhausen – mit dem Ergebnis, dass die Vergaben nicht zu beanstanden seien. Laut des aktuellen Frings- Gutachtens soll Paffhausen nach dem Abschluss der Vergabe-Prüfungen durch Erbe im Februar 2003 den Verdacht geäußert haben, Härtig habe die „Klartext“-Berichterstattung initiiert und Informationen an die Medien weitergegeben.
Peter Paffhausen war im Mai dieses Jahres über die Spitzel-Affäre gestolpert. Das Stadtparlament hatte ihm das Vertrauen entzogen. Volker Härtigs Entlassung liegt bereits acht Jahre zurück. Im Oktober 2003 wurde Härtig nach zehnjähriger Tätigkeit in Potsdam von Jakobs und Bürgermeister Burkhard Exner (SPD) fristlos entlassen. Vorübergehend hatte Härtig sich wieder auf seinen Arbeitsplatz geklagt. Ein halbes Jahr nach der Kündigung missbilligte das Potsdamer Stadtparlament per Mehrheitsvotum – vor allem die Linke stützte Härtig – das Agieren von Jakobs. Die damalige Begründung des Oberbürgermeisters für die Kündigung: Das Vertrauen sei „irreparabel zerstört“.
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