Aus dem GERICHTSSAAL: Gutachter: Inszenierung der Hölle
„Ich dachte,wenn ich schon in der Hölle leben muss, dann kann es auch aussehen wie in der Hölle“, so der an Schizophrenie erkrankte Jörg J. (34, Name geändert) gestern vor Gericht.
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„Ich dachte,wenn ich schon in der Hölle leben muss, dann kann es auch aussehen wie in der Hölle“, so der an Schizophrenie erkrankte Jörg J. (34, Name geändert) gestern vor Gericht. Die Staatsanwaltschaft wirft ihm vor, am frühen Morgen des 28. August vorigen Jahres seine Wohnung Auf dem Kiewitt angezündet zu haben. Die in der vierten Etage eines Siebengeschossers gelegene Unterkunft wurde unbewohnbar, die darunter befindliche durch Löschwasser in Mitleidenschaft gezogen. Die Mieterin in der Wohnung über Jörg J. musste evakuiert werden, da dicke, giftige Qualmschwaden durch ihre Fenster drangen.
Die 4. Strafkammer des Landgerichts verfügte gestern, den Potsdamer wegen versuchter schwerer Brandstiftung, begangen im Zustand der Schuldunfähigkeit, in ein psychiatrisches Krankenhaus einzuweisen, wo er entsprechend therapiert wird. Einmal jährlich wird dann geprüft, ob Jörg J. noch immer eine Gefahr darstellt, führte der psychiatrische Gutachter Dr. Jens Köhler (45) aus. Jörg J. höre ihn ängstigende Stimmen, fühle sich beobachtet und verfolgt. Bevor er „die Hölle inszenierte“, seine Zweiraumwohnung an vier Stellen in Brand setzte, habe er 70 Stunden lang nicht mehr geschlafen und fest daran geglaubt, seine Nachbarn würden per Computer-Konferenzschaltung alles kommentieren, was er tut. Noch vier Monate später, Jens J. wurde bereits ärztlich betreut, habe er ihm gegenüber versichert, die Stimmen seien real gewesen, so der Gutachter. Er habe sie mit seinem Handy aufnehmen können.
Viel Platz räumte die Kammer dem Lebenslauf des Beschuldigten ein, der froh ist, dass keinem Menschen etwas passierte, wie er beteuerte. „Ich war der Klassenclown“, erzählte Jens J. In der 4. Klasse kam er in eine kinderpsychiatrische Einrichtung, da er als verhaltensgestört und schwer erziehbar galt. Zu Hause, so die Mutter, sei Jens ruhig und freundlich gewesen. Der Ausbruch der Krankheit erfolgte um das 20. Lebensjahr herum, berichtete der Sachverständige. In diese Zeit fallen auch Straftaten wie Autodiebstähle, der Überfall auf einen Taxifahrer oder unerlaubter Drogenbesitz. Ab 2001/2002 habe sich Jens J. dann nur noch mit Musik und seinem Computer beschäftigt. „Er hielt die Wohnung und sich selbst in Ordnung, um nicht nach außen dringen zu lassen, wie schlecht es ihm psychisch wirklich geht.“ Dass mit ihrem Sohn etwas nicht stimme, habe sie erst 2003 mitbekommen, so die Mutter. Deshalb sei sie zum sozialpsychiatrischen Dienst gegangen, um sich beraten zu lassen. Hoga
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