Landeshauptstadt: Hart an der Grenze
Eine Stadtverordneten-Debatte über die Brauhausberg-Schwimmhalle wird zum Rührstück auf der politischen Bühne
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Zu einem spannenden Drama mit überraschendem Ausgang geriet am Mittwochabend im Stadtparlament die Debatte über die Drucksache 07/SVV/0173: Dahinter verbirgt sich der Antrag der Linkspartei.PDS, wonach für den Fall der Ablehnung des Niemeyer-Bades auf dem Brauhausberg „die Voraussetzungen für die zügige Sanierung der Schwimmhalle am Brauhausberg“ zu prüfen sind. Das Vorhaben eines Bades nach den Entwürfen des Stararchitekten Oscar Niemeyer „steht unter keinem guten Stern“, so Linksfraktionschef Hans-Jürgen Scharfenberg. Kein Termin für eine Förderzusage sei eingehalten worden, eine Ablehnung nicht ausgeschlossen, eine Ertüchtigung der alten DDR-Schwimmhalle aber notwendig, er wolle eine sofortige Abstimmung.
Darüber müsse man eingehender diskutieren, später, im Hauptausschuss, wohin Mike Schubert, SPD-Fraktionsvorsitzender, den Antrag gern verbannen möchte. Die Vorsitzende der Stadtverordnetenversammlung Birgit Müller (Linkspartei) lässt über den Überweisungsantrag abstimmen – und Schubert unterliegt. 21 Stadtverordnete dafür, 23 dagegen. Der Antrag bleibt im Rennen.
Nun muss der Oberbürgermeister ran: Jann Jakobs (SPD) erklärt, jetzt schon über eine Sanierung der BrauhausSchwimmhalle zu entscheiden, das wäre wie eine Einladung an das Land, sich erst gar nicht mit dem Förderantrag für das Niemeyer-Bad zu beschäftigen. Freilich sehe aber auch er, dass am Brauhausberg etwas passieren müsse. „Im ersten Halbjahr 2007 müssen wir eine Entscheidung treffen.“ Nur eben nicht sofort. Darauf startet Steeven Bretz, Fraktionschef der CDU, erneut einen Versuch, die Sache vom Tisch zu kriegen: Er will Antrag 07/SVV/0173 in den Finanzausschuss und gleich auch noch in den Bauausschuss überweisen lassen. Scharfenberg wehrt sich: „Habe ich beantragt, das der Förderantrag zurückgezogen wird?“ Er glaube nicht, dass sein Antrag für den Förderantrag ausschlaggebend sein wird.
Also wieder Abstimmung über eine Ausschussüberweisung, wieder 21 dafür, 23 dagegen, wieder Niederlage. Und Sieg für Scharfenberg. Was tun? Wenn der Antrag nicht zu verhindern ist und gar Aussicht auf eine Mehrheit hat – dann muss der Abstimmungsausgang eben geheim bleiben! Steeven Bretz beantragt eine Verlegung des Antrages in den nichtöffentlichen Teil der Sitzung. Das bedeutet: Journalisten raus!
Wieder Abstimmung, 21 dafür, 23 dagegen: Die Journalisten dürfen bleiben.
Es meldet sich Monika Keilholz (SPD, Fraktion Die Andere): Ja, die Sanierung der Schwimmhalle solle vorbereitet werden, dann habe man zeitlichen Vorlauf.
Die Antragsgegner sehen nun ihre Felle davonschwimmen, die Worte werden dringlicher. Geld ausgeben für eine Planung, die vielleicht gar nicht gebraucht wird, wenn das Niemeyer-Bad mit Umbau der Schwimmhalle genehmigt wird? „Eine Bevorratungsplanung“ sei das, schimpft Mike Schubert. Indessen gären die Keilholz-Worte offenbar in Götz Thorsten Friederich, dem Ex-Fraktionschef der CDU. Nachdem Schubert endet, geht der Rechtsanwalt und Unternehmensberater ans Mikro und richtete seine Worte pfeilspitz gegen Monika Keilholz, die ehemalige Chefin des Potsdamer Veranstaltungshauses Lindenpark, das unter ihrer Ägide in wirtschaftliche Schwierigkeiten geriet: „Ich weiß, Sie sind eine betriebswirtschaftliche Koryphäe!“
Ups! Die ins Persönliche gehenden Worte Friederichs veranlassen die Vorsitzende Müller zu einem Ordnungsruf: „Das war hart an der Grenze!“
Nun ist Saskia Hüneke (Bündnisgrüne) an der Reihe. Sie will die Debatte zurück ins Politische holen. Die Signalwirkung des Antrages – wonach der Förderausschuss das Niemeyer-Bad deshalb ablehnt, weil die Stadt schon Alternativplanungen für die DDR–Schwimmhalle bei der Stadtwerken bestellt – „ist vom Antragsteller gewollt“, sagt sie energisch in Richtung der linken Saalhälfte.
Scharfenberg erhebt sich. Sein Antrag hat gerade drei Ausschuss-Überweisungen überstanden. Der Antrag könnte also glatt selbst eine Mehrheit finden. Aber will Scharfenberg das? Will er am Ende schuld sein, dass das Land das Niemeyer-Bad ablehnt? Zumindestens würde ihm das die rechte Saalhälfte später vorwerfen. So ist es wohl kein Ostergeschenk, als der Linksfraktionschef plötzlich sagt, er sei nun doch auch dafür, 07/SVV0173 „zur Erledigung“ in den Hauptausschuss zu überweisen. Er darf das, es ist sein Antrag. Stadtparlamentsneuling Sven Brödnow (Die Andere) schüttelt verständnislos den Kopf.
Die Schlussszene: Monika Keilholz gibt eine Erklärung ab. Die Spitze von Friederich sei „eine freche Art, mit Menschen umzugehen“. Und: „Herr Friederich, bis jetzt habe ich Sie geachtet. Das lasse ich mir ’mal durch den Kopf gehen.“
Vorhang. Applaus.
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