Von Guido Berg: Hasso Plattner ist zufrieden
Während der SAP-Milliardär die Landtagsschloss-Pläne absegnet, reagiert Mitteschön „fassungslos“
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Innenstadt - San Francisco, 7 Uhr: Etwa 40 Minuten lang unterhält sich der Potsdam-Mäzen und SAP-Gründer Hasso Plattner mit Brandenburgs Finanzminister Rainer Speer. Per Videoschaltung über den Atlantik. Freilich hätte sich das Gespräch auch ums „Segeln“ und um „Tennisarme“ gedreht, sagte Speer gestern bei der öffentlichen Präsentation der siegreichen Wettbewerbsentwürfe des niederländischen Konsortiums Royal BAM Group für den neuen Potsdamer Landtag am Alten Markt. Doch acht Minuten lang ging es auch um das Landtagsschloss, schließlich hat Hasso Plattner 20 Millionen Euro für die Rekonstruktion der historischen Knobelsdorff-Fassade spendiert. Diesen Teil der Videokonferenz zeigte Speer gestern vor Journalisten und Bürgervertretern im Alten Rathaus.
Ob es denn „ein Prachtkind“ geworden ist, will der Milliardär wissen. Speer bejaht. Plattner hofft, der neue Landtag werde „eine Stimulanz“ für die Mitte sein, „die ein bisschen tot aussieht in Potsdam“. Er glaube, wer in 20 Jahren zurückblickt, werde erkennen, dass es die richtige Entscheidung war. Das Schloss nur im Kubus und ohne Fassade zu machen, wäre „eine fragwürdige Sache“ geworden. Aber, so Plattner: „Nicht die ganze Innenstadt muss barock sein.“ Mit seinem Zusatz „etwa am Wasser“ bezog sich der Mäzen offenbar auf die Bebauung der Alten Fahrt. Speer seinerseits beschwerte sich etwa über die „öffentliche Schmähkritik“ an ihm, dem Bauherren des neuen Landtags. Er befürchte, das könnte bei Investoren die Reaktion auslösen, „dann baut doch alleine“. Plattner wiederum: „Historisch und modern, das hält sich einander aus“. Aber, so Plattner unter lautem Gelächter anwesender Kritiker der BAM-Entwürfe: „Die Diskussion ist nicht zu Ende.“ Er jedoch finde die Entwürfe „gut gelungen“; die Verbreiterung der Seitenflügel sei bei einer Nutzung als Landtag „klar“ gewesen. Speer, offenbar ebenfalls in Vorahnung kommender Diskussionen, beginnt damit, um den Segen Plattners zu bitten. Er finde, „der Hof bleibt ganz beachtlich“. Er sei nach der Diskussion „ganz gelungen“, verweigert Plattner seine Gunst nicht. Wäre das Schloss abgebrannt und vom König neu aufgebaut worden, hätte der auch „einen Doppelflur gemacht“ – sprich, er hätte die Flügel auch verbreitert. Das ist Mozart in Speers Ohren, es gebe veränderte Bauten, „die gehören heute zum Weltkulturerbe“, entgegnet er erfreut – und will sogleich die höchste Absolution: „Unseren Vertrag habe ich erfüllt?“, fragt er. Zum Hintergrund: Plattner hatte „schon vor geraumer Zeit“ die versprochenen 20 Millionen Euro für die Fassade überwiesen. Durch Verzinsung werden sie auf 23,4 Millionen Euro angewachsen sein, wovon nach Abzug des Mehraufwands für die notwendigen Umplanungen nach der Plattner-Zusage 21,5 Millionen Euro an das Baukonsortium fließen.
„Das sehe ich auch so“, antwortet Plattner: „Ich bin 100-prozentig einverstanden. Ich freue mich auf das Ding ich freue mich, dass das Schloss gebaut wird und hoffe, dass die überwiegende Zahl der Potsdamer zufrieden ist.“ Dazu der Finanzminister: „Davon gehe ich auch aus.“
Landtagspräsident Gunter Fritsch (SPD) dagegen schien der Zufriedenheit der Potsdamer eine weniger hohe Priorität beizumessen: „Sie sind nun einmal nicht Bauherr “ rief er den Mitgliedern der Bürgerinitiative Mitteschön zu. Es habe eine Diskussion von „Experten und selbsternannten Experten“ gegeben, die „Modifizierung“ am Schlossoriginal „als die größte Bausünde der Welt“ ansehen. Alle Appelle um mehr Transparenz und „Mitreden-Dürfen“ sei eine Aufforderung an den Minister gewesen, „gegen den geltenden Rechtstaat zu verstoßen“.
Dass die Diskussion über den ab Frühjahr 2010 beginnenden 119,6 Millionen Euro teuren Bau nicht „zu Ende ist“, dafür wird fraglos die Reaktion von Mitteschön-Aktivistin Barbara Kuster sorgen: Die Pläne empfinde sie als „einen Schlag ins Gesicht“. Sie sei „fassungslos“; das Dach sehe aus wie „ein Toaster mit Schießscharten“. In Entgegnung zu Plattner sagte sie, in 20 Jahren „werden wir uns fragen, warum haben wir es nicht richtig gemacht“. Durch die breiteren Seitenflügel sei „der Rhythmus der Fassade im Innenhof gestört“, auch sei der Goldene Schnitt nicht mehr da. Barbara Kuster: „Wir überlegen uns, ob wir nicht noch einmal auf die Straße gehen.“
Barbara Kuster habe recht, erklärte Hans-Joachim Kuke vom Stadtschloss-Verein: „Ohne eine weitere Diskussion können die Bagger nicht rollen.“ Das Original habe fünf verschiedene Dachformen gehabt. Die in den vorgelegten Pläne seien dagegen vereinheitlicht. An die Adresse von Fritsch sagte Kuke: „Wir wollen helfen, da ist es schade, dass wir als Störer oder ,selbsternannte Experten’ bezeichnet werden.“
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