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Etwas HELLA: Hau auf die Pauke, Milliardär

Leute, die sehr viel Geld haben, können das entweder privat verprassen, es die Erben erben lassen oder etwas Gutes damit tun. Wir haben in Potsdam zum Glück einen Milliardär in unseren Mauern, der Letzteres vorzieht und von der Privat-Uni bis zur historischen Schlossfassade der Stadt einiges geschenkt hat.

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Leute, die sehr viel Geld haben, können das entweder privat verprassen, es die Erben erben lassen oder etwas Gutes damit tun. Wir haben in Potsdam zum Glück einen Milliardär in unseren Mauern, der Letzteres vorzieht und von der Privat-Uni bis zur historischen Schlossfassade der Stadt einiges geschenkt hat. (Nicht eingeschnappt sein, es gibt eine Vielzahl anderer edler Spender, jetzt ist aber mal von dem bewussten Milliardär die Rede.) Nun will er der Stadt auch noch eine Kunsthalle hinbauen, findet aber, dass die auch alle wirklich wollen müssen.

Also, wenn ich Milliardär wäre, Bilder gesammelt hätte und die auch noch samt Gehäuse verschenken wollte, wäre ich nicht allzu zimperlich, zumal ich meine lieben Potsdamer ja kenne. Die gehen einer Kontrahentin schon mal an die Gurgel, wenn ihnen die Ausstellungsgestaltung nicht passt oder beißen Fahrkartenkontrolleure in die Hand, die sie zwar nicht füttert, aber rechtens einen Strafzettel ausstellen wollte. Auch die Auseinandersetzung um eine neue Schwimmhalle hat inzwischen wahrhaft klassische Ausmaße angenommen und ist ein sehr schöner Beleg für die Potsdamer Streitkultur. Von Auseinandersetzungen um einen Wohnblock am Alten Markt will ich mal gar nicht erst anfangen. Auch die endlosen immer mal wieder die Gerichte beschäftigenden Streitereien um Uferwege seien nur ganz nebenbei erwähnt. Ich jedenfalls würde an meine Geschenkmillionen eine kräftige Rakete dranbinden, damit die Sache knallt und faucht und nicht zum Rohrkrepierer wird.

Es könnte natürlich auch sein, dass Milliardäre viel klüger sind als ich, und in der supersanften Tour eine supersanfte Drohung verstecken, die da lautet: Fangt ihr wieder mit dem Streiten an, kriegt Berlin oder Posemuckel die Halle, jedenfalls der, der sich am heftigsten und diskussionslosesten freut.

Dann kommt – auch das könnte eine leise Drohung sein – vielleicht Variante Nr. 2 zum Tragen. Der besagte Milliardär, der angeblich schon heftig mit dem jetzigen Besitzer des Mercure-Hotel-Grundstückes verhandeln soll, kauft es, ärgert sich aber inzwischen maßlos über die Potsdamer Streitkultur, die einen Vorschlag nach dem anderen aus dem Hut zaubert und den Bau der Kunsthalle kräftig zerredet und macht das 17-stöckige Hotel tatsächlich – wie von der Linken gewünscht – zu einem Studentenwohnheim. Im gepflegten Parterre-Restaurant feiern die dann mit ihren Kumpels aus Berlin und anderswo, dass die Havel schwappert und die Bilder an den Wänden tanzen. Natürlich werden dort keine aus der Sammlung des Milliardärs aufgehängt, aber vielleicht muss sich ja ein neuer Picasso oder Klee erst noch die Sporen verdienen. Da die Studentenmiete den Erhalt des Hauses nicht garantiert, verfällt es, wird zur Bruchbude und ziert nun auf ganz eigene Weise die historische Innenstadt. An seinem 100. Geburtstag zündet der Milliardär endlich die Rakete, die ich schon längst losgeschickt hätte, und gönnt sich ein fröhliches Happening. Jahre später beschließen seine Erben, ihm anstelle des Mercure ein Mauseleum zu bauen.

Hella Dittfeld über Dinge, die sie erfreuten oder ärgerten und hofft, dass dadurch Potsdam etwas heller wird.

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