
© Andreas Klaer
Potsdam: Haus von Absturz in Baugrube bedroht
Die Potsdamer Bauaufsicht erteilte am Montag einen Baustopp in der Wannseestraße in Klein Glienicke. Die riesige Baugrube muss gesichert werden, sonst droht ein Nachbarhaus abzustürzen.
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Klein Glienicke - Die Anwohner der Wannseestraße in Klein Glienicke wussten von nichts. Irgendwann vor zwei Wochen kamen um 6 Uhr in der Früh Bauarbeiter mit Baggern und begannen, eine Baugrube auszuheben. Zunächst war sie noch klein, doch sie wuchs und wuchs und „jetzt ist es ein gigantisches Mega-Loch“, erklärte Anwohnerin Kerstin Leschik entnervt. Ein Bauschild, das hätte Aufschluss über das Bauvorhaben geben können, existiert nicht. „Bauen die schwarz?“, fragte sich die Klein Glienickerin. Gestern riss der Anwohnerin der Geduldsfaden; sie informierte die Bauaufsicht, weil sich die Grubenkante immer bedrohlicher in die Richtung eines benachbarten Mehrfamilienhauses verschob. Aus Sicht Kerstin Leschiks bestand Gefahr, dass das Haus in die Grube rutscht. Schließlich gaben auf der gegenüberliegenden Grubenseite bereits Betonplatten der neuen Wannseestraße nach und rutschten in die Tiefe. In ihrer Anzeige heißt es: „Die notwendigen Böschungswinkel werden nicht eingehalten und somit wird der Einsturz eines Mehrfamilienhauses provoziert.“ Auch die Stadt Potsdam nahm die Warnung erst: Noch gestern erteilte die Bauaufsicht einen Baustopp.
Es bestünden Zweifel, „ob die Baugrube den Anforderungen an eine Standsicherheit entspricht und daher weitere Sicherungsmaßnahmen veranlasst werden müssen“, teilte Stadtsprecherin Regina Thielemann auf PNN-Anfrage mit. An einem Nachbarhaus seien Risse erkennbar. Eine Baugenehmigung sei für das Bauvorhaben des Investors Klaus Strohbücker noch nicht erteilt worden, es gebe lediglich „eine Baufreigabe für den Aushub der Baugrube“, so die Stadtsprecherin weiter.
Der Grund für die ausufernde Baugrube mit abrutschenden Böschungen besteht nach Ansicht der Anwohnerin Leschik in der Tatsache, dass es sich nicht um Bauland, sondern um „eine bekannte Schutt-Deponie“ handelt. 1975 sei die alte Klein Glienicker Schule abgerissen und deren Schutt auf dem Gelände abgekippt worden, auf dem nun die Grube mit der Anmutung eines Mondkraters klafft. Jeder in Klein Glienicke weiß davon, ist sich Kerstin Leschik sicher. Unklar sei, warum die Stadt nicht über den Bauschutt informiert habe.
Der Einzige, der davon keine Ahnung hatte, ist nach Ansicht der Anwohnerin der beauftragte Bodengutachter. Der habe „offenbar an der falschen Stelle geklopft“, erklärte gestern vor Ort der um Fassung ringende Bauleiter Michael Padelt den PNN. Er kündigte an, dass nun ein „Verbau“ gemacht werde – die Grube soll mit einer Bretterschalung gegen das Abrutschen der Wände gesichert werden. Der vorgefundene Bauschutt sei abgefahren worden, die Bagger bis auf sicheren und festen Baugrund in etwa vier Meter Tiefe vorgedrungen. Mit der Erteilung der eigentlichen Baugenehmigung für das geplante Mehrfamilienhaus rechnet der Bauleiter in wenigen Tagen. Padelt bestätigt, dass der für ihn überraschende Fund von Bauschutt sowie die Notwendigkeit der Grubensicherung zu „Zeitverzug und Mehrkosten“ führen werden.
Anwohnerin Leschik ist nicht nur wegen des Risses in der Decke ihrer Wohnung weiterhin beunruhigt. Grund ist die aus Feldsteinen errichtete alte Wannseestraße, über die nun täglich die Lastkraftwagen fahren. Die Verkehrsaufsicht habe dafür einfach die Verkehrsbeschränkungen aufgehoben, der Schwerlastverkehr werde die Straße nun in Kürze „kurz und klein“ gefahren haben. „Und wir Anwohner werden später dann zu den Anliegerbeiträgen herangezogen“, befürchtet Kerstin Leschik. Oder anders ausgedrückt: „Die Anwohner zahlen die Zeche für die Immobilienhaie“, so die Klein Glienickerin konsterniert.
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