
© Andreas Klaer
Handwerk in Potsdam: Hautcreme für das Holz
Bei Katrin Bauer und Sven Krumnow gibt es frisch gemixte Leinölfarben. Ein reines Naturprodukt mit sinnlicher Komponente.
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Potsdam - Wer mit Leinölfarbe arbeitet, braucht vor allem eines: Geduld. Mal schnell drüber pinseln und ein paar Stunden später benutzen, das geht nicht. „Die lange Trockenzeit ist ein Nachteil. Aber man kann sich die Arbeit ja entsprechend organisieren“, sagt Katrin Bauer. Positiv ausgedrückt: Das Arbeiten mit Leinölfarbe beinhaltet auch eine sinnliche Komponente. Man sieht, wie sich Schritt für Schritt das Holz verändert, mit dem Pigment-Öl-Gemisch vollsaugt, ohne zu verkleistern. Die Maserung bleibt erhalten, das Holz, schließlich ein natürlicher Rohstoff, darf weiterhin atmen. Wenn Katrin Bauer, gelernte Gemälde-Restauratorin und Malerin, darüber spricht, klingt es, als würde sie über eine Hautcreme sprechen. „Da gibt es tatsächlich eine Ähnlichkeit“, sagt sie.
Die Methode ist seit Jahrhunderten bekannt
Weil sie den Leinölfarben so verfallen ist, hat Bauer vor zwei Jahren mit ihrem Geschäftspartner Sven Krumnow in Potsdam ein Farbengeschäft eröffnet. Hier gibt es ausschließlich Farben auf Leinölbasis, dazu Zubehör für deren Anwendung. „Es ist eine uralte Methode“, sagt Bauer. Seit Jahrhunderten wurde damit in Europa gearbeitet – bis die Baumärkte kamen. Wo es eimerweise „Farbe to go“ gibt, auf den eiligen Verbraucher abgestimmt. Der beim Einkauf allerdings mehr bekommt als er bräuchte, nämlich Bindemittel und Lösemittel, chemische Zusätze, die der Industrie zwar die Massenproduktion erleichtern. Aber zum Malern nicht notwendig sind. Und gesundheitsschädlich sein können, vor allem für Allergiker.
Auch Katrin Bauer wollte sich ihre Gesundheit nicht ruinieren. Und besann sich auf natürliche Farben. Pigmente lassen sich mit Quark, Leim oder eben auch mit Öl anrühren. Ganz ohne Chemie. Die traditionellen Leinölfarben sind allerdings in Deutschland bisher ein Nischenprodukt. Die Skandinavier benutzen sie schon lange. Die typischen roten Holzhäuser der Norwegen oder Schweden sind oft mit Leinölfarbe gestrichen.
In Skandinavien schon lange ein Renner, in Deutschland an Nischenprodukt
„Öl zieht tiefer ein in das Holz als eine deckende herkömmliche Farbe, die die Oberfläche versiegelt und dann nach zwei Jahren abplatzt“, sagt die Malerin. Während normale Farben in so einem Fall dann mühevoll abgeschliffen und erneuert werden müssen, kann sich der Leinöl-Fan zurücklehnen. „Alle zehn oder 15 Jahre muss man mal drüber streichen.“ Deshalb wurden zum Beispiel Fensterrahmen, solang sie noch nicht aus Plastik waren, meist mit Leinölfarbe gestrichen. Das hielt lange und ließ allen Regen, alle Feuchtigkeit abperlen.
Warum aber ist es heute doch so schwer, die Farbe zu vertreiben? „Weil es eben eine alte und deshalb auch vergessene Technik ist“, sagt Bauer. Nur in Süddeutschland, wo es viele Fachwerkhäuser gibt, wird die Bio-Ölfarbe regelmäßig für das Gebälk verwendet. Erst langsam erwacht auch hier in Brandenburg das Interesse an diesen Farben, vor allem im Bereich der denkmalgerechten Restaurierung von Gebäuden.
Farbe aus Potsdam für den Deutschen Dom in Berlin
Hier können Bauer und Krumnow einige Referenzen vorweisen. Ihre Farben sieht man an einem Stuckrelief im Deutschen Dom, an Gebäuden eines alten Gestüts in Kremmen, in der Dorfkirche Darsikow und an Baracken der Gedenkstätte Ravensbrück. Bei Neubauten und größeren Projekten sind Bauherren oft noch zögerlich, was Leinölfarben betrifft.
Katrin Bauer kann das zum Teil verstehen. „Ein Holzfußboden ist nach dem Malern nach zwei Tagen trocken, aber voll belastbar vielleicht erst nach zwei Wochen. Wenn dann aber schon der nächste Handwerker drängelt – wie soll das gehen“, fragt Katrin Bauer. Dabei lohne sich der Aufwand letztlich, wenn alles länger hält. Und es einfach schön aussieht, wenn die Holzmaserung durch die Farbschicht erkennbar bleibt. Oder ein deckender Anstrich dem Holz eine samt-matte Oberfläche verleiht.
Mini-Manufaktur in einer Bürogemeinschaft
Auch sie und Krumnow, Betriebswirtschaftler, beißen sich mühsam durch die Anfangszeit ihrer kleinen Firma. In Potsdam-West sind sie Teil einer Bürogemeinschaft, wobei ihr Büro gleichzeitig Lager und Werkstatt ist. Auf kleinstem Raum finden Buchhaltung, Kundenbetreuung und Beratung statt, stehen Regale mit den fein gewalzten Pigmentpasten, ein Tisch, auf dem gewogen und befüllt wird, daneben die große Rüttelmaschine, in der alles gründlich und vor allem schnell zusammen gemixt wird. Immer frisch.
Deutschlandweit wird die Farbe versandt. Über allem hängt der Geruch des Leinöls, Import aus Skandinavien, weil das einen besseren Trockengrad hat. Man könnte es auch essen, sagt Sven Krumnow, aber es schmecke nicht gerade gut. Zum Essen empfiehlt er dann doch Leinöl aus der Lausitz.
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