
© Andreas Klaer
Lenné-Schule in Potsdam: Heizen mit Köpfchen
Sechs technikbegeisterte Schüler der Lenné-Gesamtschule haben das Heizsystem ihrer Schule neu durchdacht und eine intelligente, energiesparende Steuerung erfunden. Heute stellen sie ihr Projekt beim Regionalwettbewerb „Jugend forscht“ vor
Stand:
Leise plätschert das Wasser aus einem durchsichtigen Schlauch in die schwarze Kunststoffwanne auf dem Boden. Darin liegt eine Aquarienheizung, die das Wasser erwärmt. Eine Pumpe transportiert es über ein kurzes Kupferrohr wieder in den Schlauch, der sich in Kurven und Schlaufen über eine Spanholzplatte auf dem Tisch windet. Felix Dittrich und Richard Jaletzki sind Schüler der 12. Klassenstufe der Peter-Joseph-Lenné-Gesamtschule in Potsdam und erklären, was es mit dieser kleinen Konstruktion auf sich hat: „Der Sinn unseres Modells ist es zu zeigen, was in einem Heizkörper passiert“, so Felix Dittrich. Doch das Modell, das die Schüler im Klassenraum aufgebaut haben, zeigt noch weit mehr als den Wasserkreislauf einer einfachen Heizung: Im Projekt „Lennergy“ haben sechs technik-affine Schüler der achten bis zwölften Klassenstufe das Heizsystem ihrer Schule neu durchdacht und eine elektronische Steuerung erfunden. Mit ihrer Hilfe sollen sich die Schulräume in Zukunft individuell je nach Stundenplan beheizen lassen. Leere Klassenräume werden so nicht mehr unnötig gewärmt – das senkt den Energieverbrauch. Am 7. März stellen die Schüler ihr Projekt beim Regionalwettbewerb „Jugend forscht“ in Brandenburg vor.
Das Geheimnis des Lennergy-Heizsystems ist ein kleiner Stellmotor, der am Heizkörper montiert ist. Die von Hand einstellbaren Thermostaten, die meist dauerhaft auf Stufe fünf stehen, haben die Schüler abgeschafft. Stattdessen kommuniziert der Motor über ein Steuermodul mit einem Server, auf dem eine von den Schülern entwickelte Software installiert ist. Mit ihr lässt sich ein individueller Heizplan für jeden Raum erstellen. Soll etwa der Musikraum von acht bis zwölf Uhr beheizt werden, geht um 7 Uhr 30 ein Signal an die Steuereinheit und von dort zum Stellmotor. Springt der Motor an, fließt heißes Wasser in die Heizung. Zwölf Uhr schaltet sich der Motor automatisch ab, die Heizung kühlt ab. Ein mit der Steuereinheit verbundener Temperatursensor im Raum zeigt an, wann die gewünschte Temperatur erreicht ist.
Derzeit testen die Schüler, die die technischen Grundlagen für ihr Projekt während eines Schülerkollegs am Hasso-Plattner-Institut erlernten, in fünf Modellräumen der Schule, ob sich ihr Steuerungssystem in der Praxis bewährt. In den Ferien und nach Schulschluss haben sie mit Unterstützung der Potsdamer Firma Wieck und Gnad Thermostaten an den Heizkörpern ab- und Stellmotoren angebaut, Kabel verlegt, gelötet und programmiert. Die ersten Daten werden nun ausgewertet und die Heizpläne der fünf Räume optimiert. Besonders in großen öffentlichen Gebäuden, in denen viele Räume zu unterschiedlichen Zeiten beheizt werden, sehen die Lenné-Schüler Potenzial für ihr System. „Das gibt es in diesem Umfang unseres Wissens bisher nicht“, sagt Richard Jaletzki.
Die Schüler wollen jedoch noch einen Schritt weitergehen: Derzeit tüfteln sie an einer alternativen Energiequelle für die Stellmotoren. Informatiklehrer Thomas Jandt, der die Schüler während des Projekts berät und begleitet, zeigt, woher die zusätzliche Energie kommen soll: In der Hand hält er eine silbrig glänzende Folie. „Das ist eine sogenannte piezoelektrische Folie“, erklärt Felix Dittrich. Wird Druck auf die Folie ausgeübt, verformen sich die zahllosen winzigen Kristalle auf ihrer Oberfläche. Die dabei entstehende elektrische Spannung wollen die Schüler nutzen.
Vor den Toiletten sollen die Folien in den Fußboden eingelassen werden. „Das ist der am besten besuchte Ort der Schule“, lacht Felix Dittrich. Läuft jemand hinüber, entsteht Strom. „Das Verfahren steckt noch in den Kinderschuhen“, betont Thomas Jandt. „Um das zu verwirklichen, brauchen wir Partner.“
Diese fand die Lenné-Schule an der Fachhochschule Brandenburg. Die Hochschule stellt ihren Studierenden für besondere Forschungsprojekte den „Kleinen Innovationsgutschein“ in Höhe von 3 000 Euro zur Verfügung. Mit diesem Geld können Studierende prüfen, ob der Plan mit den Piezofolien an der Lenné-Schule funktionieren kann. Weitere 5 000 Euro erhält das Schülerprojekt von der Technologiestiftung Brandenburg im Rahmen des Pilotprojekts „Schule mit Energie“.
Thomas Jandt ist unverkennbar stolz auf seine Schüler, die „Lennergy“ größtenteils in Eigenregie entwickelt haben. Auch für ihn, der als engagierter Lehrer jüngst mit dem Brandenburger Lehrerinnen- und Lehrerpreis ausgezeichnet wurde, sind solche Erfolgserlebnisse Kraftquelle und Bestätigung. „Für Engagement bekommt man von den Schülern jedes Mal ein Dankeschön zurück“, sagt Jandt. „Das macht einfach Spaß.“
Bereits im letzten Jahr gewann die Lenné-Schule mit ihrem Konzept den mit 1 000 Euro dotierten Potsdamer Klimapreis. Nun wollen die Schüler auch die Jury des Regionalwettbewerbs „Jugend forscht“ überzeugen und sich für den Landeswettbewerb qualifizieren. Lehrer Jandt ist optimistisch: „Dafür würde ich fast eine Hand ins Feuer legen“, sagt er und lacht. Heike Kampe
Heike Kampe
- showPaywall:
- false
- isSubscriber:
- false
- isPaid: