Landeshauptstadt: Heranführen an die Wissenschaft
Schnippig-gelangweilt antwortet der junge Dichter Friedrich Schiller auf die Fragen des Gerichts. Zu seiner Verteidigung erscheint ein Zeuge mit Gitarre.
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Schnippig-gelangweilt antwortet der junge Dichter Friedrich Schiller auf die Fragen des Gerichts. Zu seiner Verteidigung erscheint ein Zeuge mit Gitarre. Als er das Räuber-Lied anstimmt, fallen mehrere Zuschauer im Saal in den Refrain ein: „Morgen hängen wir am Galgen, drum lasst uns heute lustig sein.“ Zu der turbulenten Gerichtsverhandlung, bei der sich Schiller für sein Drama „Die Räuber“ verantworten musste, kam es Montag Nachmittag im Rahmen der „Wissenschaftstage“ in der Aula des Helmholtz- Gymnasiums in der Kurfürstenstraße.
„Literatur, die für Zündstoff sorgte“ - so der Titel des Projektes des Leistungskurses Deutsch der Klasse zwölf. Neben Schiller wurden dabei auch die „skandalösen“ Werke von Erich Maria Remarque oder Thomas Brussig verhandelt. Den fiktiven „Gerichtsverhandlungen“ vorangegangen war ein Referat des Potsdamer Schriftstellers Walter Flegel. Er sei jedoch „kein Literaturwissenschaftler“, stellte der 73-Jährige klar, „sondern einer, der schreibt“.
Damit passte der Nachmittag nicht ganz ins Konzept der bereits zum vierten Mal stattfindenden „Wissenschaftstage“. Denn die Schüler sollen sich dabei eigentlich mit wissenschaftlichen „Profis“ auseinandersetzen, erklärt Schulleiter Dieter Rauchfuß. Ziel des zweiwöchigen Angebotes für die Jahrgänge 12 und 13 sei es, „heranzuführen an Arbeitstechniken, wie sie fürs Studium benötigt werden“. Schließlich besuchten 60 bis 80 Prozent eines Jahrganges später eine Hochschule, schätzt der Schulleiter.
Das wissenschaftliche Arbeiten sollen die Gymnasiasten vorher ausprobieren können: Zu einem selbst gewählten Thema bereiten sie in Gruppen Referate vor. Bei der Präsentation sollte ein Fachmann anwesend sein, der die Vorträge aus seiner wissenschaftlichen Sicht beurteilt, erklärt Rauchfuß das Konzept. Das Gymnasium arbeite dafür mit der Universität Potsdam zusammen, aber auch mit Forschungseinrichtungen wie dem Deutschen Institut für Ernährungsforschung in Potsdam-Rehbrücke.
Dass ihm die Wissenschaftstage bei der beruflichen Orientierung helfen, glaubt Lukas Iwer, der eben noch als Schiller auf der Bühne stand, allerdings nicht: „Man weiß doch schon, was einen interessiert.“ Bei dem 17-Jährigen könnte es eine Karriere im Journalismus-Bereich sein, „vielleicht“. Die Wissenschaftstage findet er „auf jeden Fall sinnvoll“. Im vergangenen Jahr habe ihn ein Vortrag über den Bürgerkrieg in Kolumbien besonders beeindruckt: „Das sind Vorträge, aus denen man was fürs Leben mitnehmen kann, nicht unbedingt für die Schule“, sagt er. „Wissenschaft muss nichts Langsames, Vorgetragenes sein“, ist das Fazit von Zwölftklässler Tobias Koch.Jana Haase
Programm: Heute 15.30 Uhr, Softwareentwicklungstrends. Morgen 17 Uhr, Ballistik mit Kriminalhauptkommissar Sommer. Ort: Aula im Helmholtz-Gymnasium, Kurfürstenstraße 53.
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