
© A. Klaer
Von Günter Schenke: Herbert Köfer kam mit Fernseher
Deutsches Rundfunkarchiv in Babelsberg ist „Ort der Ideen“ / Gut besuchter Tag der offenen Tür
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Babelsberg - Mit einem tragbaren japanischen Fernsehgerät betritt Herbert Köfer Samstagnachmittag das Deutsche Rundfunkarchiv (DRA) in Babelsberg. Der Schauspieler mischt sich unter die zahlreichen Besucher am Tag der offenen Tür. Das sichtlich angestaubte Gerät gehört nun dem Rundfunk-Museum, dessen Bestände das DRA aufbewahrt.
Der 89-jährige Köfer ist gleichsam ein lebendes Archivgut, denn am 21. Dezember 1952 ist er erster Sprecher der „Aktuellen Kamera“ des Deutschen Fernsehfunks (DFF). „Bitte geben Sie mir ein Autogramm, meine Mutter ist eine große Verehrerin von Ihnen“, spricht ein junger Mann den „Nachrichtensprecher“ an. Dieser holt ein Autogrammfoto aus der Jackentasche. „Rentner haben niemals Zeit“, hieß die DFF-Serie, in der Köfer den Rentner Schmidt verkörperte, der vielen Älteren unvergesslich ist.
Aus dem Jahr, in dem Köfer die erste „Aktuelle Kamera“ sprach, stammt das älteste Archivmaterial, welches das DRA in der Marlene-Dietrich-Allee aufbewahrt. „Wenn Sie die Bestände sehen wollen, müssen Sie in den Keller“, sagt Sandra Smarsch, die eine der vielen Besuchergruppen durch den modernen Glasbau führt. Im Keller dominieren graue Betonwände, roter Kunststoff-Bodenbelag, schwere Stahltüren und lange Regalwände, in denen hunderttausende Film- und Magnetbandrollen sowie Schriftgut lagern.
Aus dem „Magazin Film 3“, schlägt dem Besucher nach dem Türöffnen Kälte entgegen: Die alten Filme ruhen hier bei minus vier Grad Celsius. Falls sie gebraucht werden, müssen sie zuvor für viele Stunden und sogar Tage in einen Auftauraum, den „Ofen“, um sich wieder an normales Klima zu gewöhnen.
Magnetbänder werden bei 16,1 Grad Celsius und vierzig Prozent relativer Luftfeuchte aufbewahrt. „Wenn es nach Essig riecht, zerfällt das Band“, sagt Claudia Schmiedewitz. Die Tonmeisterin hat viele Analogbänder in ihrem Arbeitsraum, die sie auf großen Bandmaschinen, die heute eine technische Rarität sind, abspult und „digital umwandelt“. Alte Musiktitel, insgesamt verfügt das Archiv über 300 000, lassen sich direkt auf die Festplatte des Senders überspielen.
Eine ähnliche Puzzle-Arbeit ist mit den Filmen zu leisten. Diese müssen samt der separaten Tonspur teilweise neu geklebt werden. „Alle DDR-Serien, die Sie kaufen können, von ,Rentner haben niemals Zeit’ bis zu ,Zahn um Zahn’ haben diesen Raum durchlaufen“, sagt Archivassistentin Sylvia Haase, welche die kaputten Schnittstellen mit Isopropanol reinigt und wieder zusammenfügt. Ihr Kollege Manfred Wangenheim im Nachbarraum lässt die Filme und Tonspuren anschließend durch den Shadow-Filmabtaster laufen und überträgt sie nach Bearbeitung auf ein digitales Magnetband aus Metall.
„Ich bin sehr zufrieden mit dem Tag der offenen Tür“, sagt DRA-Leiter Peter-Paul Schneider. Es seien noch mehr Besucher gekommen als 2009. Schneider ist Herr über einen Sammlungsbestand, der in die Millionen geht. Darunter ist eine Gerätesammlung. Als das Lager des Deutschen Rundfunkmuseums unter dem Funkturm am Berliner Messegelände aufgegeben werden musste, übernahm das DRA die Bestände – insgesamt 2500 Geräte.
Höhepunkt des Archivtages am Samstag war die Auszeichnung als „Ort der Ideen“. Aus diesem Grunde war Hans-Gerhard Stülb, Vorstand der Frankfurter Zentrale des DRA, nach Potsdam gekommen. Er betont die wachsende Bedeutung des audiovisuellen Archivgutes für die aktuelle Arbeit und für die Forschung. Der Potsdamer Erfolg sei für Frankfurt Ansporn, sich ebenfalls um den „ausgewählten Ort“ zu bewerben.
Die Auszeichnung im deutschlandweiten Wettbewerb erhielt das DRA für sein Internet-Projekt „Wende-Zeiten“. Aus Archivmaterial sind hier die Ereignisse der beiden Wendejahre 1989/90 in der Berichterstattung des DDR-Fernsehens aufbereitet.
Weitere Informationen sowie das Internet-Projekt „Wende-Zeiten“ finden Interessierte unter www.dra.de oder www.land-der-ideen.de
Günter Schenke
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