Landeshauptstadt: Herbstsonne statt Obst

Der Obst- und Gemüseladen am kleinen Marktplatz im Kirchsteigfeld stand schon einige Zeit leer, als ihn der Landesausschuss für Innere Mission (Lafim) für sich entdeckte: Räume ohne Barrieren auf ebener Erde, mitten in einem Kiez. Und die Versöhnungskirche, aber auch Läden, ein Restaurant und der Friseur in der Nähe. Obwohl viel umgebaut und renoviert werden musste, war es Liebe auf den ersten Blick. So begründet Simone Panzram, Referentin für Tagespflege, die Entscheidung, 2007 in dem ehemaligen Ladengeschäft eine Tagespflegestation einzurichten.

In Potsdam-West habe es schon eine lange Warteliste von Interessenten für die Tagespflege gegeben. Diese sollte mit der neuen Einrichtung verkürzt werden. Die Pfleglinge kommen aus dem Kirchsteigfeld, vom Stern, aus Babelsberg und auch aus der Innenstadt. In Potsdam-West gibt es bereits die Tagespflegeeinrichtung „Abendsonne“ – so wurde aus dem einstigen Hort der Vitamine die „Herbstsonne“. Und die schien am Dienstag draußen etwas kühl, drinnen aber hell und herzlich. Bei Kaffee und Kuchen, Schnittchen und Sekt wurde der fünfte Geburtstag der Einrichtung gefeiert.

In dieser Atmosphäre fühlt sich unter anderem die 74-jährige Helga sichtlich wohl. Sie war nach schwerer Krankheit in eine Depression gerutscht und kommt nun schon seit 2009 dreimal in der Woche in die „Herbstsonne“. Ihr gefällt besonders die Erinnern-Sie-sich-Runde, die das zuletzt dem Herbst und einer herbstlichen Tischdekoration gewidmet war. Aber auch gemeinsames Singen mache Spaß, sagt sie. „Da können wir den Jüngeren noch etwas vormachen.“

20 Pflegebedürftige kann die „Herbstsonne“ aufnehmen, darunter etwa acht mit beginnender oder schon fortschreitender Demenz. Besonders stolz ist Eva-Maria Dressler, Geschäftsführerin von Lafim Mobil, darauf, dass es durch intensive Beschäftigung der dementen Patienten gelungen sei, einige vor einer Einweisung ins Heim zu bewahren und sie in ihrer angestammten häuslichen Umgebung zu belassen. Die Tagespflegegäste werden je nach Wunsch entweder täglich oder auch nur an ausgewählten Tagen von zu Hause abgeholt und verbringen dann den Tag beim Plaudern und bei Beschäftigungen. Da kommen auch häusliche Fertigkeiten wieder zum Vorschein. Einen Teil des Geburtstagskuchens hatten sie zum Beispiel selbst gebacken. Die Tagespflege wird über die Pflegeversicherung und durch einen vorher abgesprochenen kleinen Eigenanteil finanziell abgedeckt. Spenden und Sponsoring werden jedoch auch gern angenommen. dif