
© M. Thomas
Stadtleben-Empfehlung: Herr Konrad lässt bitten
Wie an der Tafel des Lukullus: Potsdam-Premiere für das neue Programm von „Dinner for fun“.
Stand:
Das kann ja heiter werden! Kaum hat der Gast den rot-samtenen Varieté-Tempel betreten und die Garderobe erreicht, da muss er schon um seine Jacke fürchten: Man werde versuchen, das gute Stück während der Vorstellung zu verkaufen, erklärt ein ganz freundlich dreinblickender Herr völlig ungerührt.
Wohlan, nur Mut – Kutte abgeben und hinein in den Tempel der Unterhaltung. Tempel? Na gut, an dieser Stelle soll noch einmal Ernsthaftigkeit walten: Wir befinden uns im Potsdam des Jahres 2012. Draußen herrscht nasskaltes Novemberwetter. Neben dem Parkplatz vor der Biosphäre im Bornstedter Feld hat die Varieté-Truppe von „Dinner for fun“ ihr imposantes Zelt aufgeschlagen und bittet zum „Verzehrtheater“.
Also hinein in die gute Stube mit reichlich Samt an der Decke und Spiegeln an den Wänden. Man sitzt an Tischen bei einer Mischung aus Kerzenschein und Kunstlicht. Gleich betritt Herr Konrad – jawohl, er wird den ganzen Abend nur „Herr Konrad“ heißen – also gleich betritt dieser etwas linkisch wirkende Herr mit dem Zwanzigerjahre-Charme die Bühne. „Ich kann ihnen versichern, die Vorbereitungen für unser kulinarisches Kolloquium sind annähernd abgeschlossen“, erklärt er dem verehrten Publikum.
Ja, nicht nur die schönen Künste sind hier zu Hause. Auch Lukullus hat sich einquartiert: Immer, wenn Herr Konrad und seine Varieté-Kollegen auf der Bühne Pause machen, entschwinden sie schnell in den Servierraum und kommen mit Tellern, gefüllt mit wirklich exquisiten Köstlichkeiten, an die Tische der Gäste zurück. Vier Pausen, vier Gänge. Was für edle Speisen! Genaueres sei an dieser Stelle nicht verraten. Vielleicht nur so viel: Wer für gewöhnlich seine Suppe beim Discounter im Zehnerpack kauft, der könnte durchaus Mühe haben, die Speisen auf der Karte überhaupt fehlerfrei auszusprechen.
Und die Varieté-Nummern auf der Bühne? Gesang, Akrobatik, Tanz und Slapstick – von jedem ist etwas dabei. Olga Kosterina bezaubert mit ihrem Schwarzlicht-Tanz. Davidoof – hier ist der (Künstler-)Name Programm – mit seinen clownesken Einlagen hat eine Körpersprache, die es als unmöglich erscheinen lässt, ihn länger als zehn Sekunden mit ernster Miene anzuschauen. Unmöglich scheint auch, was „Adagio Eleganz“ auf der Bühne präsentieren: eine Partner-Kraftakrobatik, bei der die physikalischen Gesetze offenbar nicht gelten.
Ja, und dann ist da dieser linkische Herr Konrad, der als Conférencier durch den Abend führt und ganz und gar nicht so linkisch ist, wie man erst denken mag. Er jongliert mit höchster Präzision Bälle, Keulen und Haustiere. Nein, stopp, Haustiere natürlich nicht. Warum, das erklärt Herr Konrad ganz genau. Mit etwas weniger Perfektion, aber für die Freunde des Ragtimes dennoch recht vergnüglich, greift Andreas Florczak an diesem Abend in die Tasten seines Keyboards. Als eine wahre Königin der Kleinkunst präsentiert sich Gwendolin aus der Schweiz. Ob als Trimm-Gazelle auf der Bühne oder mit einer Stoffente auf dem Kopf beim Servieren – diese Frau ist super witzig.
Doch auch an diesem Abend ist es wie im echten Leben: Alles hat einmal ein Ende. Bei „Dinner for fun“ ist nach fast vier sehr vergnüglichen Stunden Schluss. Ach übrigens, die Jacke gab's am Ende zurück. Wie sagte doch Gwendolin: „Ente gut, alles gut.“Holger Catenhusen
Bis zum 27. Januar 2013 in Potsdam.
Infos unter www.dinnerforfun.net
Karten gibt es im PNN-Shop im Karstadtpalais. Für PNN-Abonnenten gibt es ein begrenztes Kontingent „Zwei Karten zum Preis von einer“
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