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Von Henri Kramer: Herren des Feuers

Am Bassinplatz treffen sich montags Feuerspieler und Jongleure – für den Winter suchen sie einen Raum

Stand:

Feuergeruch. Es zischt, als die flammenden Ketten im Kreis durch die Luft sirren. Ein junger Mann mit Dreadlocks hält sie wie Feuerschlangen in seinen Händen, seine Arme bewegen sich so schnell, dass im Abendzwielicht ein lodernder Ring entsteht. Das Gesicht des Jongleurs wirkt konzentriert, dennoch strahlt er. Aus gebührender Ferne beobachtet ein kleiner Junge, was sich so fast jeden Montag auf dem Rasen hinter der St. Peter und Paul-Kirche am Bassinplatz abspielt: Der Rasen hinter dem Friedhof ist bis zum Winter zur Übungsstätte von jungen Jongleuren und Feuerspielern geworden, die hier ungestört proben wollen. Wie Tom, der mit seinen Kunststückchen ein zuschauendes Kind beeindruckt.

Tom ist 28 Jahre alt, wirkt aber jünger. Seine Haltung ist kerzengerade, sein Körper schlank und doch trainiert. Für ihn eine Folge seines Hobbys: „Jonglieren macht schön.“ Seit drei Jahren ist er damit Teil einer Jugendszene, die deutschlandweit immer mehr Zulauf bekommt. Warum er dabei mitmacht, kann Tom wortreich erklären. Einmal sei es die Faszination für Feuer, dann aber auch die genaue Koordination zwischen Auge und Hand, das Zusammenwirken von rechter und linker Hirnhälfte, der Spaß an Bewegung – und das Erfolgserlebnis, ein neues Kunststück zu lernen: „Das macht süchtig.“

Doch die Sucht ist in Gefahr. Für den Sommer haben Tom und die anderen Jongleure den Bassinplatz. Doch wenn es in einigen Monaten dafür zu kalt ist, fehlt ihnen ein Übungsraum. Früher hatten sie dafür den inzwischen geschlossenen Spartacus-Club in der Schloßstraße. Die Suche nach einem neuen Platz blieb bisher erfolglos, erzählt Tom. „Viele können sich nicht vorstellen, was wir überhaupt machen und denken, es sei gefährlich.“

Doch gerade dies sei es nicht: Denn das Spiel mit dem Feuer ist für Tom gleichzeitig auch kreative Soziokultur-Arbeit mit Jugendlichen. Engagiert ist er dabei in dem Luckenwalder-Feuershow-Verein Mietar e.V. und der Potsdamer Raki-Inititaive. In einzelnen Projekten entwickeln die Gruppen dabei mit Kindern und Jugendlichen die Choreographie für eine möglichst perfekte Feuershow – mit der sich dann bei Anlässen wie Hochzeiten, Firmenfesten oder Straßenpartys sogar Geld verdienen lässt.

Solche Auftritte erlebte Potsdam in diesem Sommer häufig.Der Ablauf war meist ähnlich: Nach Einbruch der Dunkelheit wandelten meist zwei bis drei Feuertänzer gleichzeitig über einen Platz, drumherum standen die Zuschauer. Dynamik bekamen solche Darbietungen vor allem, wenn die jungen Herren und Frauen der Flammenkunst ihre brennenden Stäbe, Ketten und Fächer miteinander spielen ließen, sie im Takt aufeinander zu und zurückschwirren ließen, manchmal ganz dicht an den anderen Körpern vorbei.

Gerade dieses Zusammenspiel ist für Karl das Faszinierende. Der 22-Jährige übt auch am Bassinplatz. Schon mit 15 Jahren hat er das Jonglieren begonnen, unter anderem in einer Gruppe, die es damals im Treffpunkt Freizeit gab. Langweilig ist ihm sein Hobby noch lange nicht: „Es gibt immer neue Tricks zu lernen.“

Die meisten Jongleure haben so begonnen wie Kay, viel ist autodidaktisch angelernt. Und über noch eine Sache ist sich die Runde am Bassinplatz einig: Ihr Hobby soll möglichst ungefährlich und nicht umweltschädlich ablaufen. So brennen die Stäbe mit Öko-Lampenöl statt mit Benzin. Und für das Feuerspucken verwenden sie Flüssigkeiten, die zwar brennen, aber nicht gleich den Künstler vergiften, wie der 22 Jahre alte Kay erklärt: „Wir nehmen nicht jedes Zeug in den Mund.“ Anderswo ist das wohl anders.

Kay hat genug gesagt, er beginnt wieder zu trainieren. Diesmal aber nicht mit feurigen Ketten oder Stäben. Kay versucht einfach auf zwei Händen zu laufen, was ganz gut funktioniert. Und ein anderer junger Mann lässt eine tassengroße Kristallkugel auf seinem Arm ständig auf- und abbalancieren. Es sieht so einfach aus

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