
© M. Thomas
Landeshauptstadt: Herthas ältester Fan
Charlotte Cords feierte ihren 101. Geburtstag
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Über ein Jahrhundert Potsdam hat sie miterlebt, genauer gesagt: 101 Jahre, denn diese Zahl stand gestern auf allen Glückwunschkarten für Charlotte Cords. Sie ist eine Urpotsdamerin, die es trotz vieler Schicksalsschläge ihr Leben lang in Potsdam gehalten hat: Zweimal wurde sie im Zweiten Weltkrieg ausgebombt, 1945 zog sie in das Haus nach Bornstedt, wo die Männer der Familie während des Kriegs sogar einen Bunker im Garten gebaut hatten. In diesem Haus wohnt Charlotte Cords bis heute. Zwei Enkel, vier Urenkel und eine Ururenkelin hat sie.
Die Rentnerin wirkt für ihr Alter erstaunlich rüstig und geistig fit, schafft sogar den Gang zu Mülltonne noch selbst. Weil Cords aber sonst die meiste Zeit im Haus verbringt, wünscht ihre Tochter Rita sich schon länger eine Begleitperson für ihre Mutter, damit sie etwas öfter rausgehen kann. „Aber das Gesundheitsamt gibt ihr keine Pflegestufe und damit auch keine Begleitperson.“
Am Haken im Flur hängt eine Trillerpfeife – Zeichen für Cords große Leidenschaft Sport. „Ich war Fünf-Kämpferin“, erzählt sie stolz. „1926 haben ich und zwölf andere junge Mädels den ,Verein für Leibesübungen Potsdamer Sportfreunde’ gegründet. Damals war der ganze Luftschiffhafen nur für uns Leichtathleten da!“ Das Jahr 1926 ist in mehrfacher Hinsicht wichtig: Cords wird Potsdamer Meisterin im Fünfkampf und lernt ihren späteren Mann kennen – durch den Sport, denn auch Johann Cords war Leichtathlet, Fußballer und ein guter Kegler.
In Cords Erinnerung werden längst vergessene Geschichten aus Potsdam wach, etwa über den „Golmer Rutschberg“, wo sie als Kind mit dem Holzschlitten rodelte. Oder die Tanzabende in einer Gaststätte – stets begleitet von den Eltern: „Wenn die Musik zu Ende war, ist eine Art Tanzmeister von Tanzpaar zu Tanzpaar gegangen und hat Geld kassiert. Erst wenn alle bezahlt hatten, ging er zur Kapelle und rief: ,Bitte weiter!’“
Heute kümmert sich vor allem Tochter Rita um Charlotte Cords, die allein wohnt. Viele Handgriffe wie das Bettenmachen tut Cords noch selbst, auch Zeitung liest sie nach wie vor. Besonders interessiert sie der Fußball. Cords freut sich sehr, dass ihr Lieblingsverein Hertha BSC wieder in die 1. Liga aufgestiegen ist, und auch die Frauen-Fußball-WM, die dieses Jahr in Deutschland stattfindet, hat ihren Segen: „Unsere Frauen sind ganz groß, die sind ja so tapfer. Die Männer gucken es zwar nicht so gerne, aber ich bin sehr dafür!“ Erik Wenk
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