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25 Jahre Förderverein Pfingstberg: „Hierher kamen nur die Mutigen“

Vor 25 Jahren gründete sich der Förderverein Pfingstberg. Ihm ist es zu verdanken, dass das Schloss Belvedere und der Lennésche Park wieder aufgebaut wurden und heute Tausende Besucher anziehen.

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Potsdam - Im Archiv des Fördervereins gibt es ein Foto, das ein paar Musiker vor spärlichen Mauerresten zeigt. Die aussehen, als würden sie zusammenfallen, sollte sich der Gitarrist dagegenlehnen. „Das war alles, was vom Pomonatempel noch übrig war“, sagt Jörg Walter. Das Belvedere stand immerhin noch. Noch. Der heutige Vorsitzende des Fördervereins Pfingstberg war schon 1987 dabei, als sich die Initiative und schließlich die Arbeitsgruppe zur Rettung des Belvedere gründete. Aus der AG von etwa 25 Mittzwanzigern wurde im Herbst 1990 ein ordentlicher Verein. Jetzt feiert dieser sein 25-jähriges Bestehen. Und hat eine erstaunliche Bilanz vorzuweisen: Schloss und Gartenanlage sind im Grunde nicht wiederzuerkennen – 1990 war das Baudenkmal eine mit Wildwuchs zugewachsene Ruinenlandschaft.

Potsdam hatte schon den Abriss des Schlösschens erwogen

„Wir wollten die Vereinsgründung damals eigentlich gar nicht“, erzählt Walter. „Aber so konnte man ein Stückchen weiter denken.“ Der Wiederaufbau des Schlösschens sei anfangs gar kein Thema gewesen. „Wir wollten einfach das Areal zugänglich machen. Und dabei Zeit in dieser schönen, verwunschenen Umgebung verbringen, raus aus unseren verfallenen Stadtwohnungen.“ Der Werdegang des Vereins ist einmalig, private Initiativen waren zu DDR-Zeiten äußerst selten. Aber unter dem Dach des Kulturbunds wurde die AG Pfingstberg gegründet und geduldet. Schaden anrichten konnten die Leute dort schließlich nicht. Auch wenn die Stadt Potsdam schon den Abriss des Schlösschens erwogen hatte.

„Unsere erste Aufgabe war roden“, sagt Walter. Man kam mit einfachem Gartengerät und Schubkarre, arbeitete sich durchs Gestrüpp, suchte nach Resten der von Peter Joseph Lenné angelegten Parklandschaft. Hilfe bekamen sie von Schlösserdirektor Hans-Joachim Giersberg, der den Aktivisten Einblick in die alten Gartenpläne verschaffte. Erster Höhepunkt: Das Pfingstbergfest im Juni 1989, alles privat organisiert. Und es kamen mehr als 1000 Besucher, darunter freilich auch Stasileute. Aber man ließ sich den Triumph nicht nehmen, man feierte. Der normale Potsdamer hatte bis dato das Schloss auf dem zugewachsenen Berg ausgeblendet. Es war zwar nicht ausgeschildert, aber doch zugänglich. Dort oben hingen allerdings auch die Russen aus dem KGB-Städtchen rum, es war ein seltsamer Ort. „Hierher kamen die Mutigen“, sagt Walter.

Slogan wirbt mit Potsdams schönster Aussicht

Heute gehört das Schloss zu Potsdams beliebtesten Ausflugszielen, der Verein, der seit 2002 das Bau- und Gartenensemble vermarktet und betreut, ist gewachsen. 60 aktive Mitglieder bringen sich vor allem mit ihrer Freizeit ein, dazu kommen etwa 40 Fördermitglieder. Mithilfe großzügiger Spenden der Reemtsma Stiftung und des Versandhausgründers Werner Otto konnte zunächst Schinkels Erstlingswerk, der kleine Pomonatempel, wieder aufgebaut werden, dann wurde das Schloss rekonstruiert. Seit Mai 2015 ist es wieder komplett zugänglich und bietet von den Türmen „Potsdams schönste Aussicht“, so der Werbeslogan. Aber irgendetwas zu reparieren gibt es immer. „Das Schloss im italienischen Stil ist für dieses Klima nicht geeignet“, sagt Walter. Gerade mussten umfangreiche Hohlräume unter Treppen trockengelegt werden.

Für den Verein sind Schubkarreneinsätze heute die Ausnahmen, der nächste ist der Herbstputz im November. Ein wenig trauert manches Vereinsmitglied diesen Zeiten nach, so Walter. Damals saß man nach der Arbeit am Lagerfeuer – auch das geht heute nicht mehr. „Wir sind Unesco-Kulturerbe, auch wir müssen uns natürlich an die Regeln halten.“

Ziel: 50.000 Gäste im Jahr

Der Verein hat heute andere Aufgaben. Er kümmert sich um die Besucherbetreuung, an den Wochenenden sogar inklusive selbst gebackenem Kuchen; er wirbt Spenden ein, organisiert Ausstellungen im Pomonatempel, die beliebten Mondnächte, Open-Air-Sommertheater hinterm Schloss und die Konzertreihe „Kultur in der Natur“. Zudem kann das Ensemble privat angemietet werden.

50 000 Gäste im Jahr sind das Ziel, sagt Walter, für eine schwarze Null, und man sei nah dran. Die neue, moderne Dauerausstellung zur Geschichte des Hauses könne er sehr empfehlen. Sie befindet sich in der ehemaligen Kastellanwohnung im etwas düsteren Erdgeschoss. Bis 1916 war sie noch bewohnt. Denn auch wenn der einstige Auftraggeber Friedrich Wilhelm IV. nur selten vorbeischaute, spürte man schon kurz nach Fertigstellung des Schlosses 1863, dass Leerstand dem delikaten Gebäude nicht gut bekommt. Es braucht einen Kümmerer. Wer den Verein kennenlernen möchte, ist jederzeit dazu eingeladen. Noch bis Ende Oktober ist das Schloss täglich, bis Ende November nur an den Wochenenden geöffnet.

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