Landeshauptstadt: Hilfe aus einer Hand für Obdachlose
Ziel ist Gründung eines Kompetenzzentrums für Wohnungslose / Notfallfonds für Ausweis-Kosten geplant
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Babelsberg - Im Rahmen des geplanten Wohnraumkonzepts für Potsdam soll ein Kompetenzzentrum für Obdachlose eingerichtet werden. Das ist erklärtes Ziel der Potsdamer Sozialbeigeordneten Elona Müller (parteilos) nach einer gestrigen Fachtagung im Rathaus Babelsberg. Rund 50 Vertreter verschiedener Träger der Obdachlosenhilfe diskutierten Defizite und Vorschläge für eine gezieltere und bessere Betreuung und Vermittlung von Obdachlosen. Konkrete Ziele, die abzuarbeiten gelte, wurden indes nicht gemacht - zum Unmut mancher Tagungsteilnehmer.
Genaue Zahlen, wie viele Obdachlose in Potsdam leben, gibt es nicht. Doch Tendenzen sind vorhanden. Es treffe immer öfter jüngere Erwachsene, „die Zahlen steigen“, sagt auch Müller. 2008 verdoppelte sich im Obdachlosenheim am Lerchensteig die Zahl junger Wohnungsloser von sieben auf 14. Auch sonst ist die Anlaufstelle für Obdachlose gut gefüllt. Ende 2008 waren 94 Menschen dort untergebracht, lediglich sechs Notplätze gab es noch. Potsdams Mangel an freien und bezahlbarem Wohnraum mache sich zunehmend bemerkbar, attestierten Tagungsteilnehmer der Stadt. Deshalb wurde eine Bedarfsanalyse eingefordert, die von Trägern und Stadt gemeinsam erstellt werden soll. Wichtig seien in diesem Zusammenhang auch verlässliche Zahlen über jene Menschen, die nicht dauerhaft selbstständig leben können, sei es wegen psychischer oder physischer Schwierigkeiten.
„Das Kölner Konzept eines Kompetenzzentrums für Obdachlosigkeit sollte sich für eine Stadt wie Potsdam gut umsetzen lassen“, so die Beigeordnete. Vorgestellt wurde das Modellprojekt der nordrhein-westfälischen Stadt. Dort wurde in einem Modellprojekt die verschiedenen Träger und Ansprechpartner wie Wohnungsamt, Hartz IV-Agentur und freie Träger der Obdachlosenhilfe zusammengefasst, wie Moderator Volker Busch-Geertsema erklärte. „Ein gelungenes Konzept, gegen den sich anbahnenden Zuständigkeitsdschungel zwischen Kommune und Hartz IV-Agenturen“, wie Beigeordnete Müller meinte .
Verbesserungswürdig in Potsdam sei die Vernetzung von Trägern der Obdachlosenhilfe untereinander. „Das funktioniert in Potsdam noch nicht“, konstatierte Busch-Geertsema. Selbst die Vertreter der freien Träger staunten über die verschiedenen Angebote in der brandenburgischen Landeshauptstadt. Sozialbeigeordnete Elona Müller empfahl – ähnlich dem ständigen Netzwerk „Älter werden“ – einen Arbeitskreis für die Obdachlosenhilfe zu bilden.
Aber auch die Vermittlung von Informationen an die Betroffenen scheint verbesserungswürdig: Die Forderung nach besserem und direktem Kontakt zu den Betroffenen wurde gefordert. Vor allem durch die Potsdamer Hartz IV-Agentur Paga müssten Betroffene im Vorfeld besser informiert werden, „nicht erst, wenn horrende Mietschulden aufgelaufen sind“, so ein Teilnehmer. Auch bei Orten, wo Obdachlose ihre Tagesbedürfnisse abdecken – wie bei der Suppenküche – müssten stärker Informationen vermittelt werden. Noch fehle dies bei der Einrichtung der Volkssolidarität.
Ganz konkret wurden die Teilnehmer bei der Einrichtung eines durch Firmensponsoring und andere Spenden gefüllten Notfall-Fonds, um Obdachlosen neue Personalausweise zu finanzieren. „Denn ohne Ausweis gibt es keine Leistungen, ohne Leistungen aber gibt es kein Geld, um einen Ausweis zu bezahlen.“ Beigeordnete Müller erklärte, diese Idee lasse sich „sicherlich kurzfristig und relativ einfach umsetzen“.
Am morgigen Mittwoch findet im Alten Rathaus am Alten Markt ab 17 Uhr der erste von mehreren Workshops für das geplante Wohnraumkonzept Potsdams statt. Dabei sollen Voraussetzungen für bessere Wohnbedingungen für Auszubildende, Studierende, Familien und Senioren erörtert werden. Kay Grimmer
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