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Landeshauptstadt: Hilfe für junge Migranten

Jugendmigrationsdienst berät rund 200 Potsdamer

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Innenstadt - Eine Weltkarte voller orange leuchtender Punkte hängt hinter dem Schreibtisch von Sabine Bittrich: Sie markieren die Länder, aus denen die jungen Potsdamer kommen, die die Pädagogin Bittrich und ihre Kollegin Julia Böselt-Krupkina in der Beratungsstelle des Jugendmigrationsdienstes betreuen. Auf Marokko klebt ein Punkt, ebenso auf Neuseeland und Südafrika: Aus mehr 23 Nationen stammen die rund 200 Jugendlichen, die bisher im Dachgeschoss des Plattenbaus in der Schlossstraße 1 Hilfe gesucht haben. Dabei zählt Bittrich der Einfachheit halber die ehemaligen Sowjetrepubliken als ein Land.

Seit August 2005 existiert die Potsdamer Fachstelle des Jugendmigrationsdienstes Brandenburg, dessen Träger der Internationale Bund ist. Aber erst seit einem halben Jahr hat sie ein festes Büro. Zuvor hielten die beiden Frauen wöchentlich eine Sprechstunde in der Marie-Curie-Schule ab. Das einzige Beratungsangebot in der Landeshauptstadt, das sich speziell an junge Migranten richtet, sei so sehr nachgefragt gewesen, dass sie im Juni 2006 das feste, täglich geöffnete Sprechzimmer eingerichtet haben.

Rund 1797 Ausländer zwischen zwölf und 27 Jahren wohnen derzeit in Potsdam. Hinzu kommen zahlreiche, meist jüdische Spätaussiedler aus der früheren Sowjetunion. Diese machten laut Bittrich auch den Großteil ihres Klientels aus. Rund 100 Neu-Potsdamer suchten den Jugenddienst mittlerweile regelmäßig auf, so Bittrich. Der 15-jährige Oleg etwa sitzt zweimal pro Woche in dem kleinen Unterrichtsraum neben dem Beratungsbüro und hört gemeinsam mit vier anderen Teenagern einer Deutschlehrerin zu. Die Schülernachhilfe haben Böselt-Krupkina und Bittrich organisiert. Oleg zog vor rund einem Jahr mit seiner Familie aus der Ukraine nach Potsdam. Zurzeit besucht er die Migrationsklasse an der Marie-Curie-Schule. Er spricht bereits gut deutsch, doch er will noch besser werden. Denn er möchte später auf das Gymnasium. Auch dabei sollen ihm die Beraterinnen helfen.

Diese unterstützen die Zuwanderer auch bei Behördengängen und beraten sogar bei privaten Sorgen – Schulprobleme seien jedoch der Hauptschwerpunkt ihrer Arbeit, so Bittrich. Platz Zwei nehme die Suche nach Arbeit oder Ausbildung ein. Zwar strebten gerade viele Kinder jüdischer Zuwanderer das Abitur an, doch verließen auch viele die Schule ohne Abschluss. Denn die meisten von ihnen würden in Deutschland erst einmal zu Problemschülern: „Sie müssen sich in einem neuen Schulsystem zurechtfinden und in einer anderen Kultur“, so Böselt-Krupkina. Dabei sprechen sie oft mangelhaft Deutsch. Die Folge: Sie verlieren die Lust und brechen ab, erklärt die Pädagogin. Dass aus Prinzip fast alle Zuwanderer-Kinder einen Jahrgang zurück gestuft würden, demotiviere ebenfalls viele. Doch ohne Schulabschluss finden die Jugendlichen in ihrer neuen Heimat keine Lehrstelle. Manche von ihnen haben ihren Abschluss bereits nachgeholt – ein Erfolg für das Pädagoginnen-Team.

Wie viele tatsächlich durch ihre Arbeit einen Ausbildungsplatz gefunden haben? Das wissen sie nicht. Denn spätestens dann würden sie sich nicht mehr beim Jugendmigrationsdienst melden, so Bittrich. Aber das sei ja auch ihr Ziel: Die jungen Menschen sollen lernen, in Potsdam auf eigenen Beinen zu stehen, meint Bittrich. Denn erst dann sind sie weitestgehend integriert. Juliane Wedemeyer

Juliane Wedemeyer

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