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Landeshauptstadt: Hilferufe aus der Bürgelschule

Marode WCs, gesperrte Räume: Zwei Diskussionen offenbaren schlechte Zustände und Frust an Potsdamer Schulen

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Fritz Lensch möchte sich nicht mehr zwischen Ekel und dem Bedürfnis nach einem „stillen Örtchen“ entscheiden. „Ich gehe nicht zu den Toiletten auf unserer Schule, weil die unglaublich schmutzig sind“, sagte der 10-Jährige gestern beim 3. öffentlichen Potsdamer „Kinderforum“ über die sanitären Bedingungen an dem Ort, an dem er eigentlich lernen soll: die Bruno H. Bürgel-Grundschule.

Damit standen die Zustände an der Babelsberger Schule zweimal in 24 Stunden in der Kritik von Schülern und Eltern. Schon am Dienstagabend hatte Ursula Ries, Vorsitzende des Fördervereins der Bürgelschule, eine Diskussion über Brandenburger Bildungspolitik im Helmholtz-Gymnasium dazu genutzt, sich über die Probleme der Grundschule zu beklagen. „Die Kinder müssen in der Mensa im Stehen essen, weil sie zu klein ist.“ 40 Plätze gäbe es dort – und 420 Schüler. „Viele gehen aber gar nicht essen, weil es so stinkt“, sagte sie den PNN nach der Diskussion. Dazu bemängelte sie auf einem Rundgang unter anderem den Riss an der Decke eines Klassenraums, der sich gebildet habe, nachdem darüber vor geraumer Zeit eine Heizung ausgelaufen sei.

Bürgel-Schüler Fritz Lensch stört dazu die Turnhalle, in der sich die Jungen nicht wie die Mädchen in einem seperaten Raum umziehen können: „Der Boden in der Halle ist sandig, die Sachen werden dreckig.“ Auch die bereits fertig sanierte Toiletten in der Turnhalle können die Schüler nicht nutzen – weil der ehemals als Umkleidebereich genutzte Durchgangsraum davor seit mehr als anderthalb Jahren wegen Einsturzgefahr nicht mehr betreten werden darf. Direktorin Monika Riccius wollte sich zu den Schwierigkeiten gestern nicht öffentlich äußern, ließ aber auf die Elterninitiative verweisen.

Die Probleme an der Schule wie das unnütze WC in der Turnhalle sind in der Verwaltung bekannt. „Es stand damals nicht genug Geld zur Verfügung, um die Einsturzgefahr zu beseitigen“, sagte Stadtsprecherin Rita Haack gestern den PNN. Jedoch plane die Verwaltung, zumindest den Umkleidebereich ab Frühjahr 2009 zu sanieren. Dazu versprach im Kinderforum – bei diesem Treffen sollen Kinder und Stadtpolitiker regelmäßig ins Gespräch kommen – ein Leiter im Bildungs- und Sportbereich der Stadt, dass die Mensa der Bürgelschule eine neue Lüftung erhalten solle. „Innerhalb eines Jahres kommen erste Maßnahme.“ Allerdings ist in der aktuellen Prioritätenliste der Stadt die Sanierung der Turnhalle erst ab 2010 für 200 000 Euro vorgesehen, die Grundschule selber soll ein Jahr später noch einmal 700 000 Euro bekommen. Potsdam möchte in diesem Jahr 11,6 Millionen Euro für die Schulen der Stadt geben, bis 2011 rund 37,6 Millionen.

Bei beiden Diskussionen blieb die Bürgelschule nicht das einzige Potsdamer Bildungshaus, an dem Kritik geübt wurde. So beschwerte sich eine Schülerin beim Kinderforum über die offenbar schlechten Toiletten an der Grundschule am Griebnitzsee; eine Goethe-Schülerin über ein zugeschweißtes Tor, das zu langen Umwegen an der Straße entlang führe.

Noch grundsätzlicher verlief die Bildungs-Debatte am Helmholtz-Gymnasium tags zuvor. Dabei forderte Helmholtz-Chef Dieter Rauchfuß mehr Freiheiten für seine Schule vor Entscheidungen des staatlichen Schulamts – etwa beim Aussuchen neuer Lehrerkollegen. „Mittel für Vertretungen müssten flexibler gehandhabt werden können“, sagte Rauchfuß. Mehrere Elternvertreter kritisierten den für die Region Potsdam zuständigen Schulamtschef Ulrich Rosenau für die Arbeit seiner Behörde – etwa der Sprecher einer Elterninitiative in Kleinmachnow Michael Inacker: „Ihre Sprache geht an Kindern und Eltern vorbei.“ Auch Bürgel-Schüler Fritz Lensch stellte die Ankündigung einer besseren Turnhalle nicht gänzlich zufrieden: „Dann wechsele ich schon auf eine weiterführende Schule.“

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