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Kein Kinderlachen: Der Spielplatz am Karree Kurt-von-Plettenberg-/ Sattlerstraße an der Pappelallee ist nur für die Mieter der benachbarten Wohnanlage zugänglich – und dort gibt es kaum Kinder. Andere Kinder aus dem weit größeren Wohngebiet im Bereich der früheren Ruinenbergkaserne dürfen den Platz nicht betreten, die meiste Zeit ist er verwaist.

© A. Klaer

Landeshauptstadt: Hinter Gittern

Ein neuer Spielplatz wird eingezäunt, Kinder sind nicht mehr zu sehen – und die Politik ist machtlos

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Bornstedter Feld - Für seine Verärgerung findet Frank Lenz klare Worte. „Ein Spielplatz verkümmert hier durch Absperren zu einer bloßen Attrappe“, sagt der 49-Jährige. Er steht im erst Ende vergangenen Jahres fertiggebauten Wohngebiet auf dem Gelände der ehemaligen Ruinenbergkaserne. Am Rand befindet sich ein neuer Spielplatz, der mit einem Metallzaun abgesperrt ist. Und den Schlüssel für das Eingangstor haben nur einige Mieter. Lenz gehört nicht dazu, seine drei Kinder können das neue Klettergerüst, die Schaukel und den Sandkasten nicht nutzen. Ohnehin sieht der Spielplatz so neu aus, als würde er nie benutzt. Auf einem Schild steht: „Kein öffentlicher Spielplatz, Nutzung nur durch Mieter der Wohnanlage.“ Die Anlage und den Spielplatz hat der in Potsdam an vielen Stellen aktive Bauträger Semmelhaack errichtet.

Seit März nun kämpfen Lenz und andere Anwohner gegen die Umzäunung. Lenz sagt, das Problem habe begonnen, als Kinder aus dem Wohngebiet erstmals den neuen, noch nicht eingezäunten Spielplatz ausprobieren wollten. Nur das besagte Schild stand davor. „Ein oder zwei ältere Mieter der neuen Wohnanlage am Spielplatz fühlten sich durch das Schild berechtigt, die Kinder zu verjagen“, erinnert sich Lenz. Später sei der Platz eingezäunt worden, den Schlüssel bekamen laut Lenz nur Mieter der rund 160 Semmelhaack-Wohnungen. „Die Wohnungen sind aber so klein, dass überwiegend Singles und Rentner hergezogen sind.“ Ergo sei der Spielplatz nun verwaist – ein „Placebo-Spielplatz“, wie Lenz sagt.

Inzwischen hat sich auch die Potsdamer Politik eingeschaltet, am morgigen Mittwoch wird das Spielplatz-Problem im Hauptausschuss der Stadtverordneten debattiert. Denn die SPD will eine aus ihrer Sicht bestehende Lücke in der vor acht Jahren beschlossenen Spielplatzsatzung schließen. In der Satzung ist vorgesehen, dass beim Bau von Gebäuden mit mehr als vier Wohnungen auch ein Kinderspielplatz zu errichten ist. Nun soll ein neuer Satz die Regel präzisieren: „Spielplätze, die nach Maßgabe dieser Satzung errichtet wurden, sind öffentlich zugänglich.“

Doch die Stadtverwaltung bremst. Schon im März hatte Lenz eine Antwort des Grünflächenamts auf eine Beschwerde an das Rathaus erhalten, dass es sich bei dem Problem um eine zivilrechtliche Angelegenheit zwischen dem Vermieter und seinen Mietern handele: „Damit entfällt jeglicher Einfluss der Stadt auf den Betreiber.“ Auch Stadtsprecher Jan Brunzlow hatte damals erklärt: „Wenn der Eigentümer den Spielplatz einzäunt, können wir das nicht verhindern.“ Auch anderswo in Potsdam befänden sich Spielplätze auf Privatflächen, die für alle gut sichtbar seien, aber deren Nutzung den Bewohnern des Hauses vorbehalten sei. Überdies gebe es in der Nähe der umzäunten Anlage im Bornstedter Feld weitere öffentliche Spielplätze, so Brunzlow.

Zudem hatte Baudezernent Matthias Klipp (Grüne) im Juni im Hauptausschuss in Richtung SPD erklärt, gegen eine festgeschriebene öffentliche Nutzung von Spielplätzen privater Bauherren hege er erhebliche rechtliche Bedenken – da es sich um Privatgrundstücke handele, deren Zugang nicht über eine Satzung geregelt werden könne. In einer Stellungnahme an alle Fraktionen präzisierte Klipp am Montag, der SPD-Vorstoß stelle einen erheblichen Eingriff in das grundrechtlich geschützte Eigentumsrecht von Bauherren dar, eine öffentliche Zugänglichkeit müsse finanziell entschädigt werden. Zudem seien zivilrechtliche Haftungsfragen zu klären, gab Klipp zu bedenken. Dazu sagte SPD-Fraktionsvize Pete Heuer, man werde die Problematik nun selbst rechtlich prüfen lassen und in der Rathauskooperation mit CDU/ANW, Grünen und Potsdamer Demokraten/ Freien Wählern den weiteren Umgang besprechen.

Auch CDU-Fraktionschef Matthias Finken – Partner der Sozialdemokraten in der Kooperation – hatte den eingezäunten Spielplatz bereits kritisiert. Doch auch er hat rechtliche Bedenken: „Der Konflikt ist wohl nur lösbar, wenn man sich vor Ort zusammensetzt und gemeinsam einen Weg findet.“ Auch Klipp hatte erklärt, für den Zugang zu Spielplätzen auf Privatgrundstücken müsse politisch geworben werden.

Doch ob Verhandlungen möglich sind, ist unklar. Ein Sprecher von Semmelhaack teilte auf PNN-Anfrage mit, man äußere sich derzeit nicht öffentlich zu diesem Thema. In einem Brief an Anwohner Lenz hatte die zuständige Semmelhaack-Verwalterin bereits im März erklärt, man sehe sich primär den eigenen Mietern verpflichtet – und es lägen eben Beschwerden von Mietern „auf Grund der erheblichen Nutzungsintensität des Spielplatzes“ vor. Zugleich wies die Verwalterin den Vorwurf zurück, mit dem Zaun würden Kinder ausgegrenzt – und verwies auf andere Spielmöglichkeiten in der Nähe.

Anwohner Lenz will jedenfalls nicht aufgeben. „Die Firma Semmelhaack hat ihre Mieter mit dem Verbotsschild und der Einzäunung zu kinderunfreundlichem Verhalten ermuntert – obwohl doch jedes Wohnungsunternehmen, das in Potsdam gutes Geld verdient, auch eine soziale Verantwortung besitzt.“ So werde die Willkommenskultur in dem neuen Wohngebiet infrage gestellt, fürchtet Lenz.

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