Landeshauptstadt: Hip-Hop, Liebe, Lebenssinn
Nikolaisaal suchte mit Mark Scheibe nach jungen Gesangstalenten. Freitagabend wurde das Ergebnis präsentiert
Stand:
Sie haben monatelang hart geprobt, zeigten Ausdauer, haben durchgehalten. Das war vielleicht das Schwierigste – bis zum Moment, in dem sie die große Bühne im Nikolaisaal in der Potsdamer Innenstadt betraten, um vor ihrem Publikum aufzutreten. Live. Wo es unpassend wäre, wenn die Stimme versagt. Die dreißig Elftklässler von Filmgymnasium, Einsteingymnasium und dem Evangelischen Gymnasium Kleinmachnow, die seit September für das Musikprojekt „You can sing“ geprobt hatten, erlebten am Freitagabend, dass man einiges schaffen kann, wenn man dabei bleibt.
Beim Abschlusskonzert des Projekts von Nikolaisaal und den drei Schulen präsentierten die Jugendlichen die Lieder, an denen sie seit Monaten gearbeitet hatten. Hilfe hatten sie von Mark Scheibe bekommen, dem prominenten Entertainer, vor allem aber Musiker und Komponisten aus Bremen. Mehrmals besuchte er die Schulen, erarbeitete in Proben mit den Jugendlichen die Stücke, arrangierte und komponierte für den Abend. „Wir haben bis zuletzt intensiv geprobt“, sagte Mark Scheibe bei der Begrüßung der Besucher. „Und jetzt bekommen Sie 18 Uraufführungen von Stücken der Schüler zu hören – nichts Nachgemachtes.“
Noch vor wenigen Wochen waren die Schüler in ihren kleinen Arbeitsgruppen nur kryptisch aufgestellt, fehlten hier Textfassungen, dort ein melodisches oder rhythmisches Konzept. Doch sie hatten großartige Ideen, wollten über Gefühle singen, über Liebe und Freundschaft, Sinnsuche, über Schule und Frust. Am Freitag zeigten sie ihre fertigen Arbeiten, Solostücke, Duos, Gruppenvorträge, mit dem Sinfonieorchester im Rücken, Bandbegleitung oder Mark Scheibe am Flügel. Dort war er großartig, hielt Blickkontakt mit den Schülern, tanzte, als wolle der den Rhythmus auf die Sänger übertragen, und improvisierte wenn nötig bei Textaussetzern über schwierige Stellen. Sein Lächeln wischte das letzte Lampenfieber einfach hinweg.
Erstaunlich vielfältig war die Präsentation, vom romantischen Liebeslied als Pop-Schlager, Hip-Hop mit einem Text, der definitiv in eine moderne Lyrikanthologie aufgenommen gehört, Sommerschlager-Ohrwürmer und ernsthaften Auseinandersetzungen mit der eigenen Weg-Suche.
Anhand eines Liedes von Kleinmachnower Gymnasiasten erklärte Mark Scheibe den Entstehungsprozess von einem Song: „Es sollte ein Liebeslied werden, aber nicht zu kitschig. Also sammelten wir Begriffe bei einem Brainstorming, und entwickelten daraus den Text.“ „Deine Liebe ist wie ein venezianischer Spiegel – ich kann dich sehen, aber du siehst immer nur dich selbst“, lautete das Ergebnis, ein Text weitab von Singer-Songwriter-Klischees.
Kurz vor der Pause ließ sich dann Mark Scheibe selbst vom Publikum Begriffe zurufen, aus denen er in den zwanzig Minuten einen Song komponierte. Im Mittelpunkt des Konzerts standen jedoch ganz klar die zwar aufgeregten, aber auch selbstbewussten Schüler. Ein glänzender Höhepunkt ihres Musikkurses.
Die meisten von ihnen standen zum ersten Mal auf einer Bühne, und Mark Scheibe begleitete die jungen aufgeregten Vortragskünstler durch seine professionell entspannte, humorige und einnehmende Art stressfrei durch den Abend. Neben seiner musikalischen Leistung, dem Arrangieren der Songs und der Begleitung durch die kleine Band, das Jugendsinfonieorchester der Städtischen Musikschule sowie den Popchor des Helmholtzgymnasiums, war das vielleicht seine größte Stärke: das Motivieren der Schüler in den vergangenen Monaten und die großartige Moderation während des Konzerts.
- showPaywall:
- false
- isSubscriber:
- false
- isPaid: