Links und rechts der Langen Brücke: Historische Rolle
Sabine Schicketanz sieht Potsdam gern als wichtigsten „politischen Vorort“ Berlins – denn damit wurde die Stadt bereits einmal weltberühmt
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Potsdam macht Schlagzeilen in diesen Tagen. Kaum eine Nachrichtensendung, in der die Stadt nicht vorkommt – als Tagungsort der Umweltminister der wichtigsten Industrie- und Schwellenländer der Welt. Den Potsdamer selbst könnte das kalt lassen, denn vom Besuch der Politprominenz bekommt er im Regelfall nicht mehr mit als ein paar Straßensperrungen und Hubschrauber, die über der Stadt kreisen. Doch das Umwelt-Gipfeltreffen ist nicht nur wichtig für die Welt – es ist auch wichtig für Potsdam. Denn so viel Werbung, wie die Stadt dadurch bekommt, könnte niemand je bezahlen. Und die nützt allen Potsdamern. Schließlich bringt eine so hochkarätige Tagung viel Geld in Bewegung: Die Hotels sind ausgebucht, zahllose Menschen sorgen für das Wohlbefinden der Minister und ihrer Delegationen. Dem gegenüber stehen natürlich auch Kosten – vor allem für die Sicherheitsmaßnahmen. Doch so lange es in der Landeshauptstadt nicht zugeht wie in Heiligendamm, wo sich im Juni dann die Staatschefs der G 8 zum Gipfel treffen, ist der Aufwand gerechtfertigt und vertretbar. Vor allem kommt es aber auf die Langzeit-Wirkung an: Mit dem G8-Umweltministertreffen als Start könnte Potsdam wieder zurückfinden zu seiner historischen Rolle als maßgeblicher „politischer Vorort“ der Bundeshauptstadt. Denn als solcher ist die Stadt schon einmal weltberühmt geworden – als Ort der Potsdamer Konferenz nach dem Zweiten Weltkrieg. Da ist es wohl kein Zufall, dass auch dieses Mal als Tagungsort das Schloss Cecilienhof ausgesucht wurde, schließlich saßen dort einst auch Truman, Churchill und Stalin zusammen und schrieben Weltgeschichte. Diese Dimension wird das Umweltministertreffen wohl leider nicht ganz erreichen, aber es folgen ja weitere Politik-Treffen der Spitzenklasse: In zwei Monaten kommen die Finanzminister der G8 – sie tagen in Petzow, was aus Welt-Perspektive aber auch zu Potsdam gehört – , und kurz darauf sogar die Außenminister der sieben wichtigsten Industriestaaten sowie Russlands, die sich wieder im Schloss Cecilienhof beraten. Unter ihnen ist natürlich auch die US-Außenministerin Condoleezza Rice, und allein das garantiert maximale Aufmerksamkeit – und die höchste Sicherheitsstufe. Deshalb werden von diesem Treffen dann auch die Potsdamer mehr mitbekommen: Sie könnten auf zugeschweißte Gullydeckel und komplett abgesperrte Straßen stoßen. Doch nicht nur für die Polizei bedeutet die Potsdamer „G 8-Saison“ Schwerstarbeit. Auch die Globalisierungsgegner aus der Stadt haben viel zu tun: Sie wollen möglichst wirkungsvoll Flagge zeigen gegen das, was die Politiker ihrer Überzeugung nach falsch machen. Der Aufmerksamkeit der Medien können sie sich gewiss sein – und produzieren damit noch mehr Potsdam-Schlagzeilen.
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