Bündnisgrüne Potsdam: „Hochpeinlich“
Klipp-Eklat forciert Machtkampf bei den Bündnisgrünen – jetzt prallten die Lager wieder aufeinander
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Potsdam - Die Potsdamer Bündnisgrünen sind tief zerstritten: Die Fraktion im Stadtparlament und der grüne Baubeigeordnete Matthias Klipp liefern sich heftige Machtkämpfe. Um Klipp und seine Gegner gruppieren sich zwei Lager. Einmal mehr eskalierte der Konflikt am Donnerstagabend bei einer Mitgliederversammlung der Grünen im „Haus der Jugend“ in der Schulstraße – inklusive Rücktrittsdrohung der Fraktionschefin Saskia Hüneke. Die Partei, die 2008 bei der Kommunalwahl dank einem Ergebnis von 8,3 Prozent die Zahl ihrer Sitze im Stadtparlament von drei auf fünf erhöhen konnte, steckt in der Krise.
Entzündet hat sich der jüngste Konflikt an der Besetzung des Aufsichtsrats der kommunalen Bauholding Pro Potsdam, dem Klipp seit Anfang des Jahres vorsitzt. Für das Kontrollgremium hatte die Fraktion im vergangenen Herbst den als unbequem geltenden Stadtverordneten Andreas Menzel ausgewählt, der schon längere Zeit mit Klipp über Kreuz liegt. Es folgte im Dezember ein mehrheitlicher Beschluss einer Mitgliederversammlung der Kreispartei, statt Menzel einen anderen Kandidaten in den Aufsichtsrat zu entsenden. Doch die Fraktion verweigerte sich und monierte danach in einem Schreiben an die Partei, für den Mitgliederbeschluss seien Ladungsfristen nicht eingehalten worden. Damit habe die Fraktion „wichtige Grundsätze eines offenen, demokratischen Entscheidungsprozesses verletzt gesehen“. Mittlerweile ist Menzel von den Stadtverordneten in den Pro- Potsdam-Aufsichtsrat gewählt worden.
Bei der Versammlung am Donnerstagabend versuchte nun das Klipp-Lager – zu ihm gehören viele Grüne mit Funktionärsposten – die Entscheidung für Menzel doch noch zurückzudrehen. Ihr Ziel: Ein mit Mehrheit angenommener Antrag, der rückwirkend für den ProPotsdam-Aufsichtsrat angewendet werden sollte. Danach sollten bei der Entsendung von Parteivertretern in städtische Gremien künftig Parteivorstand, einfache Grünen-Mitglieder und Fraktion gemeinsam eine Person aussuchen. Klipp kritisierte zuvor, die Fraktion habe die Ernennung von Menzel „übers Knie gebrochen“ – und ohnehin reiche die Basis einer „kleinen Fünf-Mann-Fraktion“ nicht aus für fachlich fundierte Personalvorschläge. Stadtpräsident Peter Schüler, der auch in der Fraktion sitzt, widersprach: Die Fraktion habe nicht „ohne Not“ gehandelt, die Entscheidung zu dem Aufsichtsrat habe angestanden. Zudem sei es „problematisch“, wenn sich mit Klipp der Chef dieses Aufsichtsrats die Mitglieder seines Gremiums aussuche. Klipp giftete zurück, er halte es ebenso für „problematisch“, dass Menzel in der Fraktion über seinen Aufsichtsratsposten abstimmen konnte. Fraktionschefin Saskia Hüneke nannte die Debatte um Menzel „hochpeinlich“ – und sie drohte, sollte der Antrag zur Neubesetzung des Pro-Potsdam-Aufsichtsrats eine Mehrheit erhalten, werde sie zurücktreten. Dazu kam es nicht: Mit 14 zu 10 Stimmen schmetterten die Anhänger der Fraktion den Antrag ab. Klipp herrschte Menzel an, er hätte wegen Befangenheit erneut nicht mitstimmen dürfen.
Frostig verliefen auch andere Teile der Sitzung. So monierte Hüneke, Klipp informiere zu selten die Fraktion, für die politischen Arbeit sei das ein „eklatanter Mangel“. Klipp sagte, er sehe das nicht so und verwies auf die gemeinsame Arbeit bei den Haushaltsverhandlungen. Als Hüneke nicht locker ließ und sich der Streit hochsschaukelte, grummelte Klipp: „Ihr könnt doch nicht über mich verfügen.“
Dabei hatte der Abend versöhnlich begonnen. Wie berichtet hatte sich die Fraktion bereits am Mittwoch deutlich von Klipp distanziert, nachdem dieser tags zuvor in eine Pressekonferenz von Kämmerer Burkhard Exner (SPD) geplatzt war und dessen Haushaltspolitik kritisiert hatte. Gegen Klipp leitete der Oberbürgermeister deswegen ein Disziplinarverfahren ein. In einem nicht-öffentlichen Teil der Grünen-Sitzung entschuldigte sich Klipp für sein Verhalten, berichteten Teilnehmer – er habe damit nicht nur sich, sondern auch den Grünen „geschadet“. Ihm sei eine „Sicherung durchgebrannt“. Klipp soll dies damit begründet haben, dass er erst am Dienstag von der Pressekonferenz zum Thema Haushalt erfahren habe – obwohl er dachte, noch mit Exner über sein Budget verhandeln zu können. Bei einem Telefonanruf habe Exner ihn aber abblitzen lassen, sagte Klipp den Grünen – daraufhin sei er zur Pressekonferenz gegangen. „Ich darf mich nicht so aus der Fassung bringen lassen“, stellte Klipp fest.
Konsterniert auf die Querelen reagierte der wiedergewählte Grünen-Kreischef Uwe Fröhlich, der vergeblich versucht hatte, strittige Punkte zu vertagen oder zu schlichten. Die Grünen in Potsdam seien „gelähmt“, so Fröhlich. Er bitte alle Protagonisten, den Kreisverband nicht als Platz für einen Streit zu nutzen, „bei dem sich gegenseitig verletzt wird“. Ein Vorschlag, Menzel und Klipp sollten sich einen Mediator suchen, blieb ohne Reaktion.
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