Landeshauptstadt: Hochstapelei in Holz
Junge Tischler erhielten gestern ihren Gesellenbrief
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Junge Tischler erhielten gestern ihren Gesellenbrief Der Ort war ungewöhnlich, die Gäste hatte der Zufall herbeigelockt, doch was die Gesellen drei Jahre lang in ihren Handwerksbetrieben gelernt hatten, war gutes traditionelles Handwerk. Gestern erhielten 19 Tischlerlehrlinge des Landes Brandenburg im Sterncenter ihre Gesellenbriefe und wer gerade zum Einkauf unterwegs war, konnte dabei sein. Zuvor schon hatten die Centerbesucher eine Woche lang Gelegenheit, die besten Arbeiten der Junggesellen zu begutachten und auch zu bewerten. Das blieb jedoch folgenlos, denn alle, die bei der Ausstellung „Die gute Form“ dabei sein durften, hatten ihren „Einser“ längst in der Tasche. Zum Beispiel Nicola Moella. Die 24-Jährige liebt Holz als Material und es macht ihr Spaß, Möbel aufzuarbeiten und auch selbst welche zu gestalten. Zur Ausstellung steuerte sie eine schwungvoll abgerundete Truhe bei, sozusagen eine ohne Ecken und Kanten. Die Maserung des Nussbaumholzes kommt dabei effektvoll zur Geltung. Nach einem „Fehlstart“ im ersten Lehrjahr, ihr Ausbildungsbetrieb musste Insolvenz anmelden, bekam sie eine zweite Chance in der Studio Babelsberg GmbH . Dort lernte sie nicht nur, perfekt mit Holz umzugehen, sondern konnte sich auch beim Innenausbau von Filmkulissen ausprobieren. Letzteres hat ihr so viel Spaß gemacht, dass sie diese berufliche Möglichkeit vielleicht weiterverfolgt. Auch über ein Studium denkt sie nach und nicht zuletzt reizt sie das Entwerfen eigener Möbel. Der zweite Potsdamer mit einem „Sehr gut“ hat dagegen eine ganz andere Richtung eingeschlagen. Der Leipziger Sebastian Kunath (27) hat sich den Potsdamer Ausbildungsbetrieb Marko Wust ganz bewusst ausgesucht, weil dort nicht nur mit Holz, sondern auch mit vielen anderen Materialen gearbeitet wird und eher die kühl-moderne Gestaltung ihren Platz hat. Sebastian bot als Gesellenstück mit Kunststoff beschichtete Stapelmöbel an, die überaus funktional wie Bauklötze gedreht und zusammengesteckt werden können. Ihn interessieren auch neue Verarbeitungsmethoden am Computer, damit der einen Teil der Handarbeit abnimmt. Während sich Nicola noch ausprobieren will, hat er schon feste Vorstellungen, wo es hingehen soll: nach Holland. Das Sesam-Förderprogramm der Handwerkskammer liefert dafür den Einstieg. Doch bei der Freisprechung der Gesellen im Sterncenter ging es erst einmal ganz traditionsbewusst zu. Schließlich gibt es Tischlerinnungen seit dem 16. Jahrhundert. Eine schwere Lade wurde geöffnet, die Gesellenbriefe entnommen, ehe sie allerdings der stolze Empfänger erhielt, musste er erst einen Gesellennotgroschen spenden. Für die Ausbildung der nächsten Tischlergeneration reicht der aber ganz bestimmt nicht. dif
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