zum Hauptinhalt

Landeshauptstadt: Hochzeiten und Hoheiten

Diebstahl, Kuchenrausch, Kuppelei und Bettelei: Wer gestern ins Rathaus wollte, kam nicht daran vorbei

Stand:

Innenstadt - Stimmung, Konfetti! Schon lange vor elf Uhr elf formierten sich gestern die Karnevalisten im Stadthaus-Foyer, um keinen Zweifel daran zu lassen, wer ab sofort im Rathaus das Sagen hat. „Herr Exner, Sie können jetzt in den Urlaub gehen“, war die klare Ansage an den Bürgermeister, der den Hausherrn Jann Jakobs vertrat. Zum ersten Mal musste sich der Finanzbeigeordnete den symbolischen Rathausschlüssel abnehmen lassen und bekam im Gegenzug einen Rettungsschirm überreicht: Das Konstrukt aus einem Kinderregenschirm mit aufgeklebten Schoko-Euro-Talern soll, so hoffen die Narren, die Stadtkasse wieder auffüllen. Die im frischen Herbstwind fröstelnden Hoheiten nahmen dann allerdings schnell Zuflucht im Warmen, wo – nein – keine Pfannkuchen, sondern eine riesige Torte angeschnitten wurde. Gleich daneben prangte ein leerer Geldkoffer, doch die Spendenbereitschaft der Gäste ließ zu wünschen übrig, nur ein paar magere Cent-Münzen lagen traurig auf dem Boden.

Gerade noch hatte Birgit Däßler, Präsidentin des Potsdamer Karnevalsclubs, Mut gemacht: Die Zahl Elf stünde für Neuanfang, Verträge dieses Datums unter einem guten Omen. Vielleicht sollte man an diesem Tag mit dem Chef über eine Gehaltserhöhung sprechen? Burkhard Exner konnte sich in diesem Fall glücklich schätzen, dass die meisten seiner Mitarbeiter ordentlich hinter ihren Schreibtischen geblieben waren, auch wenn die aus dem Rheinland stammende Referentin Maria Steiner-Ohlinger die Gelegenheit nutzte und zur Musik der Havelländer Blasmusikanten ausgelassen tanzte. Das tat auch das frisch getrauten Prinzenpaar, Ihre Lieblichkeit Katrin I., im wirklichen Leben Verkäuferin Katrin Schmandt, und Seine Tollität Steffen I., Callcenter-Agent Steffen Heckerodt, frisch getraut und doch nicht miteinander verheiratet.

„Verheiratet“ wurden gestern nicht nur Hoheiten, sondern tatsächlich 16 Paare, acht von ihnen im Standesamt, sechs im Krongut und zwei im Schloss Kartzow. Einen „Run“ auf den 11.11.2011 wie auf den 08.08.2008 habe es aber nicht gegeben, sagte Standesbeamtin Ines Friedmann. Weil das Datum so schön griffig ist, wollten Anja Philippen und Lars Schwenicke, die sich vor sieben Jahren am Babelsberger Set von „Gute Zeiten, schlechte Zeiten“ als Set–Aufnahmeleiterin und Kameraassistent kennen gelernt hatten, gestern heiraten. Ihr kleiner weißer Fiat 500, das selbe Baujahr wie die Braut, beeindruckte auch die abziehenden Humoristen vom Narrenschiff. Nicole und Karlheinz Petzold hatten sich für dieses Datum entschieden, weil die Eltern der Braut am 11.11.1976 geheiratet hatten und die Ehe bis heute hält. So erfüllt sich das Omen der städtischen Narren vielleicht doch noch und bringt wenigstens den Brautleuten Glück. 933 Paare gaben sich im vergangen Jahr in Potsdam das Jawort, so viele wie seit 20 Jahren nicht mehr, während die Zahl der Ehescheidungen rückläufig ist.

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
console.debug({ userId: "", verifiedBot: "false", botCategory: "" })