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Attika-Figuren auf dem Potsdamer Stadtschloss?: Hoffnung auf die Götter
Im Streit um die Stadtschlossfiguren signalisiert die Schlösserstiftung erstmals Verhandlungsbereitschaft
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Für die Rückkehr der Attikafiguren auf das wiedererrichtete Potsdamer Stadtschloss gibt es neue Hoffnung. Die Schlösserstiftung (SPSG), die sich bislang stets gegen einen Umzug der Helden und Götter von Berlin nach Potsdam ausgesprochen hatte, zeigte sich am gestrigen Donnerstag erstmals kompromissbereit. „Einer politisch einvernehmlichen Lösung“ der Länder Brandenburg und Berlin über die Rückholung der Figuren verschließe sich die Schlösserstiftung nicht, sagte SPSG-Generaldirektor Hartmut Dorgerloh nach einem Gespräch mit Landtagspräsident Gunter Fritsch (SPD). Es waren die ersten offiziellen Verhandlungen über die Zukunft der acht Skulpturen. Diese standen einst auf dem Potsdamer Stadtschloss, zieren seit 1966 aber die Berliner Humboldt-Universität Unter den Linden.
Dorgerloh sagte nach dem Gespräch außerdem, er sehe gute Gründe sowohl für einen Verbleib der Figuren in Berlin als auch für eine Rückführung nach Potsdam. Allerdings verwies er erneut auf die Empfehlung des Berliner Landesdenkmalamts und des Wissenschaftlichen Beirats der Schlösserstiftung – beide sind gegen einen Umzug und verweisen dabei vor allem auf den Denkmalschutz des Universitätsgebäudes in Berlin, der seit 1975 besteht und daher auch die Figuren betrifft. „Die Rückholung der Figuren aus Berlin setzt daher eine denkmalrechtliche Erlaubnis des Landesdenkmalamts Berlin voraus, die derzeit nicht in Aussicht steht“, sagte Dorgerloh.
Um eine solche Erlaubnis will sich nun Oberbürgermeister Jann Jakobs (SPD) bemühen – er hatte auch das Gespräch zwischen Dorgerloh und Fritsch moderiert. Es seien Gespräche zwischen Jakobs und Berliner Stellen geplant, zu denen auch Dorgerloh seine Teilnahme zugesagt habe, hieß es am Donnerstag von der Stadt. Auch der Verein Potsdamer Stadtschloss werde zu einem Gespräch eingeladen.
Der Verein setzt sich seit Jahren für eine Rückkehr der Skulpturen ein. Die einst 76 Sandsteinfiguren zierten rund 200 Jahre die innere und äußere Dachkante des Schlosses – bis die meisten bei einem Luftangriff im Zweiten Weltkrieg beziehungsweise bei der Sprengung der Preußenresidenz 1959/60 beschädigt wurden. Einige wenige blieben erhalten, von denen acht als Leihgabe auf die Humboldt-Uni nach Berlin wanderten. 17 mehr oder weniger erhaltene Figuren wurden von der Schlösserstiftung eingelagert, vier von diesen hat der Stadtschlossverein bereits mit Spendengeldern sanieren lassen. Sie sollen vermutlich im Frühling auf das Schloss gehoben werden.
Doch der Stadtschlossverein pocht auch auf eine Rückkehr der Berliner Figuren. Die Äußerung Dorgerlohs vom Donnerstag wertete man dort daher als gutes Zeichen. „Es ist das richtige Signal, dass man nun aufeinander zugeht“, sagte Vereins-Vize Hans-Joachim Kuke den PNN. „Es wäre doch gelacht, wenn sich Brandenburg und Berlin deswegen verzanken würden.“
Damit spielte er – wie auch Parlamentspräsident Fritsch – auf eine mögliche Verschärfung des Konflikts an. Sollte es keine politische Einigung geben, denkt man in Brandenburg offenbar sogar über eine Klage nach. So sagte Fritsch am Donnerstag: „Ich würde mich freuen, wenn eine juristische Auseinandersetzung vermieden und stattdessen zwischen den Fachleuten beider Länder eine einvernehmliche Lösung gefunden werden könnte.“ Da von einer juristischen Auseinandersetzung bislang aber noch gar nicht die Rede war, könnte dies auch als indirekte Drohung verstanden werden.
Aktiv für eine Rückführung setzt sich auf landespolitischer Seite bislang nur die CDU ein. Die christdemokratische Fraktion im Brandenburger Landtag fordert die rot-rote Landesregierung dazu auf, die Schlösserstiftung zur Kündigung des Leihvertrages mit der Humboldt-Uni zu drängen, Ende Februar soll ein entsprechender Antrag eingebracht werden. Die Berliner CDU-Fraktion will schon am kommenden Montag im Kulturausschuss des Abgeordnetenhauses für eine Rückführung plädieren.
Wie ein möglicher Umzug finanziert werden könnte, ist ebenfalls noch unklar. Nicht nur das Abnehmen in Berlin und das Aufsetzen in Potsdam wären kostspielig, auch eine Sanierung der acht Götter und Helden müsste bezahlt werden. Weder das Land noch die Stadt wollen dafür Geld ausgeben, deshalb müsste die Rückführung vermutlich von Spenden getragen werden. Auch die Platzierung der Figuren ist noch nicht festgelegt – zwei der Skulpturen, die in Berlin sind, standen einst auf der zum Innenhof ausgerichteten Dachseite des Schlosses. Doch dort sind beim wiederaufgebauten Schloss keine Figuren mehr vorgesehen, die zwei Berliner müssten also wie die anderen außen stehen.
Geschaffen wurden die überlebensgroßen Skulpturen von den Bildhauern Johann Gottlieb Heymüller und Leonhard Storch Mitte des 18. Jahrhunderts. Sie wurden nach Umgestaltung des Potsdamer Stadtschlosses von Friedrich II. und seinem Architekten Georg Wenzeslaus von Knobelsdorff zwischen 1744 und 1752 auf das Dach gesetzt. Die meisten Sandsteinfiguren wurden im Zweiten Weltkrieg beziehungsweise bei der Sprengung des Schlosses 1959/60 zerstört, nur einige wenige konnten gerettet werden. Acht von diesen gingen 1966 als Leihgabe nach Berlin. Auch das Prinz-Heinrich-Palais, das heute das Hauptgebäude der Uni Unter den Linden beherbergt, war einst mit Skulpturen geschmückt, wurde jedoch im Zweiten Weltkrieg stark beschädigt. Beim Wiederaufbau in den 1950er-Jahren wurde auch ein Teil der Figuren rekonstruiert und 1966 durch die Leihgaben aus Potsdam ergänzt. (wik)
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