Landeshauptstadt: Hoffnung auf Prozess enttäuscht
Fast vier Jahre nach Unfalltod des kleinen Magnus: Amtsgericht lehnt Anklage wegen fahrlässiger Tötung ab
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Erneut müssen die Eltern des tödlich verunglückten Kleinkinds Magnus Becker einen Rückschlag bei der juristischen Aufarbeitung des Unfalls ihres Sohnes verkraften. Ein Richter am Potsdamer Amtsgericht hat es abgelehnt, die Anklage der Staatsanwaltschaft Potsdam gegen eine Kita-Erzieherin wegen fahrlässiger Tötung zuzulassen. Einen Prozess wird es deswegen vorerst nicht geben. Dagegen haben die Eltern von Magnus – fast vier Jahre nach dem Tod ihres Sohnes – als Nebenkläger nun Beschwerde eingelegt. Das Potsdamer Landgericht muss jetzt entscheiden, wie mit der Anklage weiter umgegangen wird, sagte gestern Eltern-Anwalt Andreas Wattenberg auf Anfrage.
Der Unfall liegt inzwischen fast vier Jahre zurück. Im Juli 2006 hatten Angestellte der Kita „Regenbogenland“ in Babelsberg den 18 Monate alten Magnus leblos in einem Iglu aus dehnbaren Weidenzweigen aufgefunden. Als sicher gilt inzwischen, dass sich das Kind in den Ästen verfangen hatte und es deswegen erstickte. Die Aufklärung der Umstände des Unglücks gestaltete sich von Anfang an schleppend. Ermittlungen gegen die Leiterin der Kita, die vom Diakonischen Werk betrieben wird, wurden ergebnislos beendet. Und auch das nun beim Landgericht liegende Verfahren gegen die Kita-Erzieherin Michaela H. stellte die Staatsanwaltschaft bereits einmal ein, erst nach Beschwerde der Eltern von Magnus wurden die Ermittlungen wieder aufgenommen – und endeten Anfang 2010 mit einer Anklage wegen fahrlässiger Tötung.
Umso enttäuschender ist es für die Eltern von Magnus, dass es nun doch keinen Prozess geben könnte. „Ich habe langsam den Eindruck, es geht hier nicht mehr um sachliche Aufklärung des Geschehens, sondern darum, bestimmte politische Interessen zu wahren“, sagte Vater Markus Becker den PNN. Er vermute eine „Interessenkoalition“, die die Anklage „geräuschlos unter den Teppich kehren“ und ein öffentliches Gerichtsverfahren abwenden wolle. Überdies „haarsträubend“ findet Vater Becker einen der wesentlichen Entscheidungsgründe des Amtsgerichts, die Anklage gegen Michaela H. wegen Fahrlässigkeit nicht zuzulassen.
Das Gericht führte aus, es gäbe auch im häuslichen Bereich immer wieder Momente, in denen ein Kind nicht im Blickfeld der Eltern sei. „Die Rechtsprechung fordert aber ununterbrochene Aufsicht“, sagte dazu Eltern-Anwalt Wattenberg. Sollte die Argumentation des Gerichts von Bestand sein, sei dies ein „Freifahrtsschein“ für Unaufmerksamkeit. Mithilfe von Zeugen sei überdies inzwischen zu belegen, dass mindestens zehn bis 50 Minuten lang niemand Magnus bemerkt habe, so Wattenberg:. „Da ist klar die Aufsichtspflicht verletzt worden.“ H. Kramer
H. Kramer
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