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Von Michael Meyer: Hoffnung im Indianerboot
Sebastian Brendel und sieben weitere Potsdamer Kanuten wollen jetzt bei den Weltmeisterschaften in Dartmouth zu Medaillen paddeln
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Nach außen hin wirkt Sebastian Brendel oft cool und lässig – auch wenn es im 1,92 Meter großen Kraftpaket brodelt. „Ein bisschen aufgeregt bin ich schon“, gestand der 21-jährige Canadier-Spezialist des KC Potsdam vor dem Abflug der deutschen Paddel-Flotte zu den diesjährigen Weltmeisterschaften der Rennkanuten im kanadischen Dartmouth, die heute mit den Vorläufen beginnen. „Schließlich sind das meine ersten WM im Einer der Leistungsklasse.“
Im Jahr eins nach dem Abschied der Neubrandenburger Canadier-Legende Andreas Dittmer vom Wettkampfsport liegen große Hoffnungen des Deutschen Kanu-Verbandes (DKV) auf dem Potsdamer im Indianerboot. Hoffnungen, denen Sebastian Brendel mit Silber über 1000 Meter und mit der Staffel sowie Bronze über 500 Meter bei den diesjährigen Europameisterschaften auf dem Brandenburger Beetzsee bereits gerecht werden konnte. Auch jetzt in Dartmouth zählt der angehende Bundespolizist mit Starts in vier Disziplinen zu den meistbeschäftigten Deutschen bei den WM. „Da diesmal die nichtolympischen Strecken nach den olympischen ausgetragen werden, kann ich mich zunächst ganz auf die wichtigsten Starts konzentrieren“, erklärte Brendel, der im C1 die olympischen 500 und 1000 Meter sowie die nichtolympischen 200 Meter und die erstmals auf dem WM-Programm stehende Viermal-200-Meter-Staffel bestreiten wird.
„Das wird ein hartes Stück Arbeit“, ahnt Brendel. In Kanada erwartet er neben seinen härtesten kontinentalen Kontrahenten von den diesjährigen EM „auch starke Leute aus China, Usbekistan, Kanada und Brasilien“, so der Schützling des Potsdamer Trainers Ralph Welke, der ein Ziel hat: „Ich will zumindest eine WM-Medaille mit nach Hause bringen.“
Seine größte Möglichkeit dazu sieht er auf dem Kilometer. „Wenn ich ein so gutes Rennen wie in Brandenburg erwische und wieder am Ungarn Attila Vaijda dranbleiben kann, habe ich vielleicht eine Chance. Über 500 Meter entscheidet oft die Tagesform.“ Auch mit der Staffel dürfte der Potsdamer nicht chancenlos sein. Im Gegensatz zur Europameisterschafts-Vorbereitung wurden zuletzt im WM-Trainingslager in Duisburg auch die viermal 200 Meter trainiert – aus gutem Grund. Während sich auf dem Beetzsee vier Nationen acht der neun Bahnen teilten und so auf einer Bahn hinauf- und auf der benachbarten hinabgepaddelt werden konnte, sind bei den Staffelrennen in Dartmouth alle neun Bahnen belegt, so dass sich ankommende und neu startende Kanuten die gleiche Bahn teilen müssen. „Was gar nicht so einfach ist“, erläuterte Sebastian Brendel.
Auch seine Klubkameradinnen Katrin Wagner-Augustin und Fanny Fischer werden über viermal 200 Meter um Edelmetall paddeln. Da ihre Staffel-Kolleginnen Nicole Reinhardt vom WSV Lampertheim und Conny Wasmuth vom SC Magdeburg ebenfalls in Potsdam leben und hier bei Bundestrainer Eckehardt Sahr trainieren, geht bei den Frauen genau genommen ein komplettes Luftschiffhafen- Quartett an den WM-Start. Die 22-jährige Fanny Fischer, die sich im WM-Vorfeld weiterhin mit Schulterproblemen plagte, wird außerdem mit Nicole Reinhardt im Zweierkajak über 200 und 500 Meter antreten, während Katrin Wagner-Augustin wie bei den EM außerdem den Einer über den halben Kilometer sowie den Viererkajak über 200 und 500 Meter paddelt. „Im 500-Meter-Vierer wollen wir möglichst Gold, obwohl die Ungarinnen ihren K4 nochmal verstärkt haben“, erklärte die 31-jährige vierfache Olympiasiegerin und siebenfache Weltmeisterin ihr Vorhaben mit Schlagfrau Carolin Leonhardt vom WSV Sandhofen, Nicole Reinhardt und Tina Dietze vom LVB Leipzig. Für sie ist der Start in Dartmouth auch ein besonderes emotionales Erlebnis, „denn dort habe ich 1997 mit meinen ersten beiden WM-Titeln meine internationale Karriere begonnen“, erinnerte sich die Sportsoldatin, die auch im Soloboot ein Ziel hat. „Im Einer will ich wie im vergangenen Jahr in Peking die Ungarin Katalin Kovacz schlagen und zumindest eine Medaille.“
Reiner Kießler, der Chef-Bundestrainer des Deutschen Kanu-Verbandes, hofft „auf sechs bis sieben Medaillen in den olympischen Disziplinen“, wobei es gut wäre, „wenn wir in jeder Disziplingruppe Gold beisteuern könnten“, wie er sagte. Dazu beitragen wollen vom KC Potsdam auch Franziska Weber im K1 über 1000 Meter, Ronald Rauhe im Einerkajak über 200 und 500 Meter sowie mit der Staffel, Schlagmann Lutz Altepost und Tim Wieskötter im Viererkajak sowie Ronald Verch im Vierer-Canadier jeweils über 200 und 1000 Meter. Torsten Eckbrett, der nach EM-Platz vier über 1000 Meter im K4 seinem Klubkameraden Wieskötter weichen musste, ist Ersatzmann für den Kajakbereich. Eine Rolle, die Sebastian Brendel aus dem vergangenen Jahr bei den Olympischen Spielen in Peking gut kennt.
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