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Aus dem GERICHTSSAAL: Hohe Haftstrafe für Kinderschänder

BGH gab Revision teilweise statt / Neues Urteil sechs Monate milder

Stand:

Erst missbrauchte Karl-Heinz M. – inzwischen 70 Jahre alt – seine Tochter Marlies*, als sie ein kleines Mädchen war. Mit 14 Jahren wurde die Tochter schwanger. Als Erzeuger des Babys kam nur der leibliche Vater in Frage. Das Kind wurde abgetrieben. 1989 vergriff sich Karl-Heinz M. an seiner damals siebenjährigen Enkelin Leonie*, zwang sie zu widerwärtigen Sexualpraktiken, drohte ihr gar, sie würde ihre Eltern nie wiedersehen, wenn sie jemandem etwas erzähle. Zwei Jahre später vergewaltigte er Leonie erneut, machte auch vor ihrer 11-jährigen Schwester Luisa* nicht halt. Das Martyrium der Kinder dauerte Jahre. Aus Angst vor dem als tyrannisch und gewalttätig geltenden Familienoberhaupt schwiegen sie – wie einst ihre Mutter. 2002 konnte die inzwischen mit Alkohol- und Drogenproblemen kämpfende Leonie nicht länger an sich halten und offenbarte sich ihrer Mutter. Inzwischen wurde bekannt, dass Karl-Heinz M. auch seine Schwägerin sexuell belästigt hatte. Gemeinsam entschloss man sich, Anzeige zu erstatten.

Am 22. Dezember 2004 wurde der gelernte Fernmeldetechniker vom Landgericht wegen sexuellen Missbrauchs von Kindern in sieben Fällen sowie Beischlafs zwischen Verwandten zu einer Freiheitsstrafe von fünf Jahren und neun Monaten verurteilt. Der Rentner legte Revision ein. Der Bundesgerichtshof (BGH) gab ihr teilweise statt, stellte einige Anklagevorwürfe wegen Verjährung ein und verwies die Sache zur Bildung einer schuldangemessenen Gesamtstrafe zurück an das Landgericht.

„Ich bin unschuldig“, beteuerte der kleine Mann mit der großen Brille und dem grauen Haarkranz während der gestrigen Verhandlung mehrfach vehement. Die Vorsitzende Richterin konterte: „Ihre Schuld wurde vom BGH rechtskräftig festgestellt. Heute geht es lediglich um die Strafzumessung.“ Bereits während des 1. Prozesses hatte Karl-Heinz M. betont, Opfer einer haltlosen Diffamierungskampagne zu sein. „Ich habe nie ein weibliches Mitglied meiner Familie sexuell missbraucht“, gab er zu Protokoll. Die Psychologin, die Leonie betreute, sprach allerdings vom typischen Verhalten eines missbrauchten Kindes. Und auch die Vernehmungsbeamten sowie die Richter hegten keinerlei Zweifel an der Glaubwürdigkeit der Opfer.

„Die Taten liegen lange zurück. Das ist aber auch alles, was für den Angeklagten spricht“, konstatierte Staatsanwalt Ralf Menger und forderte eine Gesamtfreiheitsstrafe von fünfeinhalb Jahren für den Witwer. Die 2. Strafkammer des Landgerichts blieb mit ihrem Urteilsspruch von fünf Jahren und drei Monaten knapp unter diesem Antrag. (*Namen von der Redaktion geändert) Hoga

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