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Ausgezählt. Die meisten Kreuze bekam Hans-Jürgen Scharfenberg (Linke). Doch nicht überall in Potsdam fuhr seine Partei gute Ergebnisse ein. Für gleich drei Parteien wurde ein Wahllokal in Drewitz zum Schicksalsort.

© Andreas Klaer

Landeshauptstadt: Höhen und Tiefen

Wer schnitt am besten ab? Warum wird gelost? Ein Überblick über die Besonderheiten dieser Wahl

Von Katharina Wiechers

Stand:

Wer hat die meisten absoluten Stimmen?

Die mit Abstand meisten Wählerstimmen konnte Linksfraktionschef Hans-Jürgen Scharfenberg für sich gewinnen: Er bekam bei der Kommunalwahl am Sonntag 8758 Stimmen, was einem Anteil von 4,61 Prozent aller Potsdamer Wähler entspricht. Auf Platz zwei landete Oberbürgermeister Jann Jakobs (SPD) mit 5751 Stimmen (3,03 Prozent), gefolgt vom Linken-Kreisvorsitzenden Sascha Krämer. Für diesen stimmten 3461 Potsdamer beziehungsweise ein Anteil von 1,82 Prozent. Auch alle anderen „Top Ten“-Plätze gingen an Kandidaten von SPD und Linke. Allerdings ist bei dieser Rangliste nicht berücksichtigt, dass die Wahlkreise unterschiedlich groß sind.

Wer hat wo besonders gut abgeschnitten?

Nur die Linke hat in einem Wahllokal sozusagen die absolute Mehrheit erreicht, also mehr als die Hälfte der Stimmen bekommen – und zwar im Wahlbezirk Stern/Johannes-Kepler-Platz: Dort kam die Partei auf 52,1 Prozent. Die SPD bekam die meisten Stimmen im Wahllokal Drewitz/Willy-A.-Kleinau-Weg und erreichte dort 37,1 Prozent. Die CDU schnitt im Wahllokal Uetz-Paaren am besten ab (49,3 Prozent), die Grünen im Wahlbezirk Innenstadt/Jägerstraße (25,5 Prozent) und die FDP in der Berliner Vorstadt/Nord (10,9 Prozent). Die Wählergruppe Die Andere holte ihren größten Stimmenanteil im Wahllokal Südliche Innenstadt/Leipziger Straße mit 35,5 Prozent. Dies war der größte Stimmenanteil, den eine Partei dort überhaupt erreichte.

Wo waren die Parteien am schwächsten?

Die Linke fuhr ihr schlechtestes Ergebnis mit 8,2 Prozent im Wahlkreis Grube ein. Die SPD erreichte wiederum nur 10,0 Prozent in der Brandenburger Vorstadt/Clara-Zetkin-Straße, die CDU mit 3,8 Prozent in Drewitz/Willy-A.-Kleinau-Weg – also jenes Wahllokal, in dem die SPD ihr bestes Ergebnis geholt hatte. Auch für die Grünen wurde dieser Wahlkreis zum Schicksalsort: Sie holten dort mit nur 2,4 Prozent ihr schlechtestes Ergebnis in ganz Potsdam. Die FDP bekam hingegen im Wahllokal Schlaatz/Biberkiez keine einzige Stimme, genauso wie Die Andere im Wahlkreis Sacrow.

Welche Partei hat am meisten zugelegt?

Zugelegt haben bei dieser Kommunalwahl vor allem die kleinen Parteien. Die meisten Prozentpunkte konnten die Grünen hinzugewinnen – sie holten 3,6 Prozent mehr als bei der Kommunalwahl in Potsdam 2008. Auch Die Andere legte mit 2,8 Prozentpunkten deutlich zu, das Bürgerbündnis holte 2,7 Prozent mehr. Die CDU/ANW legte 2,3 Prozent zu.

Welche Partei hat am meisten eingebüßt?

Verlierer der Wahl sind vor allem Linke und SPD, auch wenn sie insgesamt die meisten Stimmen bekamen. So büßte die Linke im Vergleich zur vergangenen Kommunalwahl 5,8 Prozent ein, die Sozialdemokraten 3,7 Prozent. Verloren hat auch die FDP: Sie bekam 2,0 Prozent weniger Stimmen als noch 2008.

Wer ist der jüngste Stadtverordnete?

Der jüngste Stadtverordnete ist mit nur 20 Jahren Nico Marquardt – er hat einen Sitz für die SPD geholt. Der Student hatte schon mehrfach für Aufmerksamkeit in Potsdam gesorgt: Als 13-Jähriger hatte er die von der US-Raumfahrtbehörde NASA angegebene Wahrscheinlichkeit eines Einschlages des Asteroiden angezweifelt. Er wurde in eine italienische Talkshow eingeladen und veranlasste sogar ein öffentliches NASA-Dementi. 2013 machte ein Wahlvideo Furore, dass Nico Marquardt für die SPD-Bundestagsabgeordnete Andreas Wicklein produziert hatte. Es wurde innerhalb weniger Tage 190 000-mal angeklickt – mehr als alle anderen Wahlvideos zur Bundestagswahl.

Wer ist der älteste Stadtverordnete?

Mit 72 Jahren ist Peter Schultheiß der älteste Stadtverordnete im Stadtparlament, er holte einen Sitz für die Potsdamer Demokraten. Auch er ist längst bekannt in der Stadt: zunächst als Leitender Polizeidirektor im Präsidium Potsdam, dann als Mitglied der CDU-Fraktion und zuletzt als einer der beiden Stadtverordneten der Potsdamer Demokraten.

Was passiert mit Jakobs’ Mandat?

Oberbürgermeister Jann Jakobs (SPD) will wie angekündigt auf sein Mandat verzichten, weil er sonst sein Amt als Rathauschef niederlegen müsste. Am 5. Juni tagt der Kreiswahlausschuss, anschließend werden alle Stadtverordneten offiziell benachrichtigt, dass sie einen Sitz im Stadtparlament haben. Eine Woche haben sie dann Zeit, dem zu widersprechen – das will Jakobs dann tun, wie er am Montag ankündigte. Nachrücken wird für ihn der SPD-Kandidat Marcel Piest. Der 28-Jährige ist Vorsitzender des SPD-Ortsvereins Potsdam-Süd.

Warum muss ein Sitz ausgelost werden?

Dass die Linken 14 Sitze im Stadtparlament haben, ist sicher. Unsicher ist allerdings noch, welcher Linke-Kandidat einen dieser Plätze bekommt. Denn in den Wahlkreisen 3 und 4 kam die Partei dem vorläufigen Endergebnis zufolge auf genau gleich viele Stimmen – es ist deshalb noch unsicher, ob Ronny Besançon – angetreten in Potsdam West – oder Barbara Keller – angetreten in Babelsberg – einziehen wird. Jetzt werden die Stimmen noch einmal nachgezählt, laut Landeswahlleiter Matthias Förster ist es „nicht unwahrscheinlich“, dass sich dadurch noch etwas ändert. Besteht die Pattsituation wieder Erwarten noch immer, wird ausgelost. Wer den Sitz bekommt, teilt der Kreiswahlausschuss am 5. Juni mit.

Wo hat die AfD viele Stimmen geholt?

Die teils rechtspopulistische Anti-Euro-Partei Alternative für Deutschland (AfD) hat ihr bestes Ergebnis mit 10,8 Prozent im Wahllokal Stern/Gaußstraße eingefahren. Auch im Wahlbezirk Fahrland III holte die Partei, die erstmals bei einer Potsdamer Kommunalwahl antrat, 10,4 Prozent der Wählerstimmen, im Bezirk Kirchsteigfeld Nord/Bellavitastraße immerhin noch 9,9 Prozent. Am wenigsten Stimmen bekam die AfD in der Brandenburger Vorstadt/Park Sanssouci (1,1 Prozent) und in der Innenstadt/Kurfürstenstraße (1,4 Prozent). In die Stadtverordnetenversammlung wird die Partei mit drei Mandaten einziehen – mehr als erwartet worden war.

Bis wann sollte eine Koalition stehen?

Die Stadtverordneten kommen am 23. Juni zu ihrer konstituierenden Sitzung zusammen – Jakobs will bis dahin eine Kooperationen schmieden.

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