
© A. Klaer
Landeshauptstadt: Holländisches Viertel ist „No-Go-Area“ für Behinderte
Rundgang offenbarte Mängel bei der Barrierefreiheit in der Innenstadt / Verwaltung zeigt sich uneins
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Innenstadt - Bei einem gestrigen Rundgang von Behinderten mit deren städtischem Beauftragten Karsten Häschel durch die Innenstadt haben sich zum Teil eklatante Mängel und Verschlechterungen bei der Barrierefreiheit offenbart. Vor allem der Platz vor dem Nauener Tor und das Holländische Viertel seien von mobilitätseingeschränkten Menschen sowie Blinden und Sehbehinderten kaum nutzbar. Auch die Fußwege der Friedrich- Ebert-Straße zwischen Nauener Tor und Charlottenstraße boten Engstellen, an denen Rollstuhlfahrer nicht vorbeikamen, Blinde die Orientierung verlieren.
Die größten Behinderungen stellen Tische und Stühle dar, die von gastronomischen Einrichtungen auf das Trottoir gestellt werden – meist ohne die notwendige Mindestbreite von 1,50 Meter auf dem Gehweg zu beachten. „Oft stehen noch Laternenmaste, Schilder oder Werbeaufsteller daneben, so dass Rollstühle nicht mehr durchkommen“, kritisierte Behindertenbeauftragter Häschel.
Häschel bemängelte ein „fehlendes Bewusstsein für die Barrierefreiheit“. So sei das Granitpflaster des Gehwegs am Nauener Tor für eine bessere Mobilität verlegt worden. Nun sei es komplett von Tischen der umliegenden Lokale zugestellt. Nur eine Einrichtung überhaupt habe eine Behindertentoilette, die allerdings habe auch keinen behindertengerechten Zugang, „ohne dass Lokalangestellte den Weg frei räumen müssen“, so Häschel. Restaurantleiterin Heike Schubert entgegnete, man halte „einen breiten Gang zur Toilette“ vor, den regelmäßig auch behinderte Lokalgäste problemlos nutzen würden. Die Terrassenbestuhlung sei vom Ordnungsamt „ohne Probleme“ abgenommen, so Schubert. Behindertenbeauftragter Karsten Häschel sprach von „unterschiedlichen Auffassungen innerhalb der Verwaltung“. Er hat am 19. Juli eine weitere Begehung mit Vertretern von Ordnungs- und Gewerbeamt und dem Fachbereich Grün- und Verkehrsflächen geplant.
Regelrecht skandalös bewertete Häschel die Situation bei einem Lokal im Nauener Tor. „Dort wurde eine Behindertentoilette im Erdgeschoss eingebaut und in Absprache mit dem Denkmalschutz ein Hublift installiert. „Nach einem Betreiberwechsel wurde aus der Toilette die Küche, der Lift ist sinnlos geworden“, so Häschel.
Als ähnlich behindertenunfreundlich entpuppte sich das Holländische Viertel. Auf den engen Gehwegen stünden zu viele Tische und Werbeaufsteller, zählte die Blinde, Stephanie Seidel, die Negativ- Punkte auf. Verschärfend seien die neuen Laternen, die „mitten im Gehweg stehen“, so Häschel. Für alle mobilitätseingeschränkten Menschen, also auch Eltern mit Kinderwagen, sei das Holländische Viertel kaum erlebbar, so der Behindertenbeauftragte. Die blinde Potsdamerin Seidel sagte: „Das Holländische Viertel ist für mich eine ,No-Go-Area’.“ Kay Grimmer
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