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Landeshauptstadt: Homosexuelle protestieren vor St. Peter und Paul

Nur wenige Teilnehmer bei Demo gegen „Diskriminierung durch Kirche“ / Kaplan Wiesböck: „Wir sind falscher Adressat“

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Innenstadt – Einen ungewöhnlichen Anblick erlebten gestern die regelmäßigen Teilnehmer der Sonntagsmesse in der katholischen St. Peter und Paul-Kirche: Vor dem Eingang des Gotteshauses am Bassinplatz demonstrierten ab 9 Uhr rund 20 vornehmlich homo- und bisexuelle Frauen und Männer mit Flugblättern und Transparenten gegen „Diskriminierung und Diffamierung durch die Katholische Kirche“, wie es auf einem Handzettel hieß. Anlass war der so genannte Familiensonntag, der seit 1976 immer am 2. Sonntag des Jahres von der Katholischen Kirche begangen wird und deshalb seit Jahren als Protestdatum von homo- und bisexuellen Menschen gegen das katholische Gesellschaftsbild genutzt wird.

Die Kritik richtete sich vor allem gegen das arbeitsrechtliche Verständnis der Kirche. „Sobald ein Mitarbeiter an einer katholischen Einrichtung sich zu seiner Homosexualität offen bekennt, wird er massiv ausgegrenzt“, sagte Carsten Böck vom Arbeitskreis Lesben, Schwule, Bisexuelle und Transgender der Dienstleistungsgewerkschaft Ver.di. Auch Eric Hein, Sprecher des Brandenburger LesBiSchwulen Aktionsbündnisses Andersartig e.V., kritisierte die Kirche: „Es gibt nicht mehr nur Vater-Mutter-Kind-Familien, sondern auch gleichgeschlechtliche Partnerschaften.“ Die Diskriminierung bis hin zur Kündigung von Mitarbeitern solch alternativer Lebensformen müsse die Kirche beenden: „Wer so verfährt und gleichzeitig Friede-Freude-Eierkuchen-Familiensonntag feiert, macht sich für die Gestaltung künftiger Gesellschaftsstrukturen unglaubwürdig.“

Allerdings vermochten weder Hein noch Böck Beispiele für katholische Diskriminierung von homosexuellen Potsdamern zu benennen. „Viele Betroffene haben einfach Angst sich zu outen“, sagte Böck. Allerdings kenne er Fälle in von der katholischen Kirche getragenen Krankenhäusern, die homosexuelle Mitarbeiter wegen ihrer Sexualität entlassen hätten. Ebenso betroffen gewesen seien bereits Erzieherinnen an katholischen Kitas oder Verwaltungsangestellte der Kirche.

Mit wenig Verständnis reagierte der Kaplan der St. Peter und Paul-Kirche auf den Protest. „Wir als kleine Potsdamer Gemeinde sind hier eindeutig der falsche Adressat“, sagte Kaplan Michael Wiesböck den PNN. Zudem dürfe jeder Mensch das Familienbild vertreten und propagieren, was er für richtig halte. „Diese Freiheit schließt auch unser 2000 Jahre altes Bild von Familie ein, das schon so lange Bestand hat.“ Umso verständlicher sei es, dass Ämter an kirchlichen Einrichtungen mit Menschen besetzt würden, die diese Auffassungen teilten und nach ihnen lebten. „Wen dieses traditionelle Modell stört, muss sich an Gott wenden, der eben Mann und Frau füreinander bestimmt hat“, sagte Wiesböck.

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